70 VII. §. 2. Die einzelnen Bestandteile des Weltreichs und deren Mischung.
den und der Nachwelt zu bezeichnen. Daher hüllt sich Alles, was wir
außer der kurzen Andeutung in der heiligen Offenbarung 1 Mos. 10 über
die Anfänge jenes Reichs und Völkerlebens besitzen, in tiefe Nacht der
Sagen und Mythen. Persische und griechische Schriftsteller haben dar¬
über berichtet, aber in höchst ungenügender Weise, und ihre Berichte
widersprechen einander. Erst den gelehrten und mühevollen Forschun¬
gen unserer Tage scheint es aufbehalten zu sein, die uralten Denkmäler,
Paläste, Tempel, Inschriften und Documente des seit Jahrtausenden
begrabenen Ninive und Babylon aus ihrem fast vergessenen Grabe wie¬
der an's Licht zu ziehen. Aber es werden noch Zeiten vergehen, bis
alle diese Schätze und Erkenntnißmittel gehörig verglichen, geordnet,
gesichtet, die Inschriften verstanden und beurtheilt sind, ehe man aus
dem, was jetzt noch da ist, auf seinen Ursprung und aus die früheste
Geschichte des Reichs zurückschließen darf.
§. 2. Die einzelnen Bestandtheile des Weltreichs und
deren Mischung.
Hinter dem Eufrat wohnten zunächst drei semitische Stämme,
nämlich Elam, Assur, Arphachsad. Auch das Gebiet des Aram
(Syrer) reichte im obern Mesopotamien noch über den Eufrat hin¬
über, doch ist von dem hier vorerst nicht die Rede. Wenn man un¬
ter Arphachsad nicht, wie Etliche wollen, die Landschaft Arrapachitis,
sondern das Volk und Land der Chaldäer versteht, so lag dasselbe
am untern Eufrat. Weiter nordostwärts wohnte Assur am Tigris
und den dahinter sich erhebenden Gebirgen, und südwärts von letz¬
teren, auch mit dem Chaldäergebiet zusammengrenzend, in der später
Elymais genannten Provinz Persiens hat man vermuthlich Elam
zu suchen. In nächster Verbindung mit diesen semitischen Völker¬
schaften stand auch noch das unmittelbar dahinter liegende, südwärts
vom kaspischen Meer sich erstreckende Reich deö Madai, der von
Japhet stammte, gewöhnlich Medien genannt. Die noch weiter
nordwärts und ostwärts wohnenden Brüder Madai's, nämlich Me-
sech und Thubal, kommen für unsere Geschichte zunächst nicht in
Betracht. Sie lagen schon über den Kreis der mit Israel in Ver¬
bindung tretenden Völker hinaus (Ps. 120, 5). Während also die
Masse der Bevölkerung in der Nähe deö kaspischen Meereö von
Japhet, und in der Nähe des persischen Busenö am Eufrat und
Tigris vom Sem abstammte, war von Süden her, wie die alten
Sagen erzählen, aus Schiffen vom persischen Meerbusen hereinkom¬
mend, eine Colonie von Ham's Söhnen, Kuschiten, in'S Land ge¬
drungen und hatte sich nicht bloß zum Lehrmeister der noch in
patriarchalischer Einfachheit lebenden Stämme, sondern auch zu ihrem