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VIH. §. 1. Babel's Derhältniß zu Assur.
Allem geht hervor, daß die Paläste ausgeleert waren, ehe man ste an¬
zündete. Der reich verzierte Königsthron von Erz und Elfenbein
wurde halb zerschmolzen gefunden, und die Blutspuren an den Wanden,
die halb verkohlten Cederbalken unter der Asche und die schwarz ge¬
brannten Alabasterplatten im Museum zu London zeugen, daß es Alles
erfüllt ist, was Jes. 34, 16. Ez. 32, 22. Nah. 3, 15 gedroht mar.
Manchen Aufschluß über die Geschichte Ninive's und seiner Herr¬
scher werden wir vielleicht noch empfangen, wenn alle die vielen In¬
schriften auf den Wänden der Paläste oder in den Fußgestellen der
Bildsäulen lind die alten heiligen Urkundensammlungen gehörig entzif¬
fert sind. Schon jetzt soll stch allerlei gefunden haben. Auf den aus¬
gegrabenen Ziegeln will man z. B. unter den Abgesandten von fünf
Königen, die Geschenke bringen, auch den Gesandten des Königs Jahn
von Samaria erkannt haben (von welchem übrigens die Schrift nichts
meldet); ferner will man den Namen des M enah ein lesen, der dem Phul
Geschenke gab, die Kriegsthaten des Tiglat Pileser und seines
Nachfolgers Sargón oder Salmanassar, der sich rühmt, 27,280
Juden gefangen weggeführt zu haben. Sanherib erwähnt auf die¬
sen Steininschriften seiner Züge gegen „Ursulimma", die er nicht hat
erobern können, u. s. w.
Die Form der Schrift ist die merkwürdige Keilschrift, die jeden
Laut des Alphabets durch verschiedene Zusammenstellung von drei oder
vier Keilen oder Winkelhaken auszudrücken weiß. Die Sprache scheint
ein Gemisch aus medischen (arischen) und semitischen Bestandtheilen
zu sein, wie denn ja das Volk selbst beide Elemente in sich vereinigte.
Die Götzenbilder scheinen mit geringen Abweichungen alle dem altha-
mitischen Naturdienst, den wir in Aegypten und in Canaan ausgebil¬
det fanden, anzugehören; doch mischen sich in den Tigrisländern schon
die Licht- und Sterngottheiten der östlichen Arier mit ihnen. Es kom¬
men Gestalten vor, welche unmittelbar an den Baal und an die Aschera
erinnern, und von Assarak, Sandon und ähnlichen ist es unzwei¬
felhaft, daß sie mit jenen hamitischen Gottheiten zusammenfallen. An¬
dere Götter aber scheinen besondere Beziehungen zu diesem oder jenem
Planeten zu haben, und in den verschiedenen Punkten des Reichs schei¬
nen verschiedene Localgottheiten verehrt zu sein. Was wir in der hei¬
ligen Schrift an Bemerkungen über den assyrischen Götzendienst finden,
ist zu abgerissen, um uns einen klaren Einblick zu geben,, nur daß er
ein Greuelwcsen und von Gott verworfen war, ist überall auf's Klär-
lichste zu lesen.
VIII. Israel und das babylonische Reich. Das Gottesreich
im Weltreich aufgelöst.
Motto: Der Herr wird des Hochmuths der Stolzen ein
Ende machen und die Hoffart der Gewaltigen
demüthigen.
§. 1. Babel's Verhältniß zu Assur.
Eine Reihe von vielen Jahrhunderten hatten die beiden verschie¬
denartigen Reiche neben einander bestanden, das sichtbare Gotteö-