— 76 —
mal zusehen, ob da nicht noch mehr im Graben liegen." Sie kommen
heran, finden alles, und schießen die Ungehorsamen auch tot. So sind
wir alle umgekommen. Das wäre wieder nicht passiert, wenn alle das
getan hätten, was der Offizier befahl. So seht ihr, im Kriege kommt
alles darauf an, daß nicht einer klüger sein will als der andere, sondern
alle tun, was der Offizier befiehlt. Wenn da einer klüger sein will und ge-
horcht nicht, dann kann es ihm sehr leicht passieren, daß die andern um-
kommen und er selber mit.
Das ist nun aber gar nicht so leicht. Wenn einer im Schlachtfeld
steht und die Kugeln pfeifen und der Offizier kommandiert: „Auf, marsch,
marsch", dann kommt auch einem vernünftigen Mensch leicht die Angst.
Und wenn er dann doch aufspringen soll und vorwärts laufen, gerade
in den Kugelregen hinein, dann muß er schon so an das Gehorchen ge-
wöhnt sein, daß es ihm einfach ganz unmöglich scheint, etwas anderes
zu tun als was der Offizier befiehlt. Ein solches Heer, das so an den
Gehorsam gewöhnt ist und aufs Wort nach rechts oder nach links oder
gerade aus geht, schießt oder wacht, geduldig stillhält oder rasend drauf
losstürmt, wie es der Offizier befiehlt, das wird immer am leichtesten
allen andern über werden. Man sagt, es hat Mannszucht. Und nur
ein Heer, in dem stramme, eiserne Mannszucht herrscht, kann siegen.
Daran muß man immer denken, wenn man Soldat wird. Es gibt Leute,
die können sich darein garnicht schicken und schimpfen, daß sie so aufs
Wort gehorchen müssen, und wollen immer aufmucken. Die zeigen damit
bloß, daß sie von Krieg und Vaterland garnichts verstehen. Wenn man
Soldat wird, da ist das pünktliche Gehorchen eine Ehre, und da muß
man am liebsten einen Vorgesetzten haben, der straffe Mannszucht hält,
denn nnr durch Mannszucht bleiben wir stark.
Das hat sich nun. der stramme Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.
gesagt, und darum hat er seinem lieben, stattlichen Heer vor allem dies
eine beigebracht: Mannszucht. Da müßt ihr nun nicht denken, daß das
leicht zu machen ist. Hundert Leute sollen daran gewöhnt werden, daß
sie zusammenzucken, wenn ein einziger was befiehlt. Da hat sich nun der
König ausgedacht, wie er 1 sie schon im Frieden daran gewöhnen könnte,
daß sie alle wie ein Mann sich bewegen und daß die ganze Kompagnie
ist wie eine einzige Flinte, die der Hauptmann losdrückt. Er hat etwas
erfunden, was ihr noch jetzt übt. Wenn ihr jetzt im Turnen marschiert,
dann geht ihr nicht der eine langsam und der andere schnell, der eine
mit dem rechten und der andere mit dem linken Fuß; sondern alle gehen
genau gleich schnell, und wenn es heißt: „Abteilung marsch", dann heben