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hielten, und die Reformirten, welche die in einigen Stücken
davon abweichenden Grundsätze des Schweizers Ulrich Zwingli
und des Johann Calvin angenommen hatten, wie wir bereits
wissen. Beide Parteien stritten sich heftig, und von dieser Zeit
an trat gewissermaßen ein Stillstand ein. Erst später gewann die
neue Lehre die Herzen der Menschen wieder und befestigte sich ganz
da, wo sie einmal Eingang gefunden hatte.
Kaiser Ferdinand I., in dessen Innern: Güte und menschliches
Wohlwollen wohnten, starb am 25sten Juli 1564, und hinterließ
seinem trefflichen Sohne, Maximilian II., die deutsche Krone.
Maximilian II.
1564—1576.
Der Kaiser Maximilian II., im Jahre 1527 zu Wien
geboren, war ein musterhafter Fürst; denn er zeichnete sich
aus durch Tapferkeit, Milde und Gerechtigkeit. Während seiner
kurzen Negierung erfreute sich Deutschland der Ruhe und des in¬
ner:: Friedens. Schon auf dem Kurfürstentage zu Frankfurt
(1560) wurde er, auf Empfehlung feines Vaters Ferdinand, zu
dessen Nachfolger ernannt. Merkwürdig sind die empfehlenden Worte
seines Vaters: „Er sei mit hoher Vernunft, Schicklichkeit, Milde
und Sanftmüthigkeit, auch allen andern fürstlichen Tugenden und
guten Sitten trefflich begabt, von gerechtem, ehr- und friedlieben¬
dem Gemüth, und trage gegen das heilige Reich deutscher Nation
große Liebe und Zuneigung, deren Ehre und Wohlfahrt zu beför¬
dern er zum Höchsten begierig sei. Endlich sei er auch der sechs
vornehmsten, in der Christenheit gebräuchlichen Sprachen kundig,
also, daß er Alles, was jetzo und künftig mit fremden Potentaten
zu handeln sei, selbst werde verstehen, reden und aussertigen können."
Ein anderes ehrenvolles Zeugniß legten seine böhmischen Unter-
thanen über ihn ab, als sie ihn den Polen zum Könige empfahlen,
die ihr Auge auf ihn gerichtet hatten.
„Unser Böhmen," sagten sie, „befindet sich unter seiner Negie¬
rung besser, als wenn es von einem angebornen Vater beherrscht
würde; unsere Vorrechte, Gesetze und Freiheiten werden von ihm