Full text: [Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte] (Theil 4)

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und sein Anhang von dir verlangen! — Dieß war der Sinn sei¬ 
nes Wirkens auf der Wartburg. 
Luther fand immer mehr offene Freunde. Die ausgesprochene 
Reichsacht über ihn wurde selbst von mehreren Reichsfürsten laut 
gemißbilligt. In einem Achtsbriefe, den ein römischer Prälat ver¬ 
faßt hatte, hieß es: daß Ihr den Martin Luther nit hauset, 
ätzet, tränket, noch enthaltet, wo Ihr ihn betreten möget, gefäng¬ 
lich annehmet, und Ihr um ein solch heilig Werk, auch ewre Müh 
und Kost ziemliche Ergötzlichkeit empfahen möget." Es fand sich 
jedoch Niemand, der solche Ergötzlichkeit verdienen mochte. 
Da man Luthern selbstnicht haben konnte, so wurden zuRom 
wenigstens sein Bildniß und seine Bücher verbrannt. Als er dieß 
hörte, sagte er: ,,Mir ist es recht, mögen sie alle meine Bücher 
und mich selbst verbrennen, haben doch die Leute die heilige 
Schrift noch, die wird ihnen schon die Augen öffnen." 
Er hatte an sich selbst ja erfahren, daß es keinen sicheren 
Schild gebe gegen Bann und Acht, gegen Licht und Gewalt und 
alle feindliche Macht, als die Bibel; deßhalb dachte er mit Fleiß 
darauf, mit diesem Gottcsschilde die Menschen zu rüsten. *) 
Bald trat aber ein Umstand ein, der Luthern veranlaßte, die 
Wartburg zu verlassen. 
Unruhen in Wittenberg und Luther's Rückkehr. 
Während Luther auf der Wartburg verweilte, ereigneten 
sich in Wittenberg sehr unangenehme Auftritte. Andreas Bo¬ 
denstein oder Karlstadt, Dr. der Theologie und Schloßprediger 
dortselbst, meinte, daß sein Freund Luther zu leise ausgetreten sei. **) 
Das Werk der Kirchenverbesserung ging ihm nicht schnell genug 
*) Damals gab es zwar auch schon einige (14) deutsche Bibeln, allein 
diese waren aus einer fehlerhaften lateinischen Uebersetzung in das 
Deutsche übertragen, und die Päpste hatten das Lesen derselben als 
eine arge Ketzerei verboten. Mit allem Fleiße studirte daher Luther 
auf der Wartburg die hebräische und griechische Sprache, und begann 
hier das verdienstlichste aller seiner Werke, die bis jetzt noch un¬ 
übertroffene Uebersetzung der heiligen Schrift in die deutsche Sprache. 
Die ganze Bibel, von ihm verdeutscht, erschien erst ini Jahre 1534. 
**) Karlstadt unterstützte früher Luthern in dem gelehrten Streite mit I)r. 
Eck, zeigte sich aber auch schon dabei äußerst hitzig.
	        
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