Object: Geschichte des deutschen Volkes

70 Otto der Große. 936—973. Innere deutsche Verhältnisse bis 950. § 107—108. 
stützten, wider Otto. Aber das Glück half ihm auch diesmal wieder: drei Für- 
ften, Franken von Geburt und sogar Verwandte Eberhards, aber doch des Königs 
Freunde, trafen die beiden Herzöge, Eberhard und Giselbert, unvermuthet am 
Rhein, den diese unvorsichtig überschritten hatten, während ihr Heer noch auf 
der andern Seite bei Andernach stand. Sie überfielen sie, Eberhard ward er¬ 
schlagen und Giselbert ertrank auf der Flucht im Rhein, 939. So ward dieser 
Krieg geendigt und Heinrich bat und erhielt abermals Verzeihung: aber noch 
einmal verschwor er sich, selbst gegen das Leben des Bruders. Als da die 
Mutter zum dritteumale für ihn bat nnd Otto zum drittenmale großmüthig 
verzieh, ging Heinrich in sich und blieb von nun an in unerschütterlicher Bruder- 
liebe Otto treu. 
Mit diesen Siegen war die Herzogsgewalt im Reiche der Königsmacht zu 
Füßen gelegt. Sie war wieder ein Amt, über welches der König verfügte. 
Außerdem forgte Otto dafür, daß in allen Herzogtümern Pfalzgrafen ein¬ 
gefetzt wurden, welche die königlichen Güter verwalteten, an des Königs Stelle 
zu Gericht saßen und die Herzöge beaufsichtigten und in Schranken hielten. Auch 
suchte Otto I. die Herzogsgewalt noch dadurch von sich abhängiger zu machen, 
daß er sie so viel als möglich nur Angehörigen feines Haufes gab. Seinen 
ältesten Sohn Ludolf vermählte er mit der Tochter des Schwabenherzogs, dem 
dann dieser Jüngling bald in seinem Amte folgte; Lotharingen gab er einem 
Franken, Konrad, dem er zugleich seine Tochter vermählte, und Baiern seinem 
Bruder Heinrich. Franken, Sachsen und Thüringen verwaltete er selbst, und 
erst in der späteren Zeit seines Lebens machte er seinen getreuen Hermann 
Billing zum Herzoge von Sachsen. 
§ 108. So war das große Reich fest zusammengefügt und stand noch 
inniger verbunden, als zu Heinrichs I. Zeit. Damals zuerst nannten die Stämme 
nicht bloß ihre Sprache deutsch: sie begannen sich selbst mit dem Gestimmt- 
namen der Deutschen zu bezeichnen. Und gewaltig übte das vereinte Volk 
seine Kraft nach außen. In langen Kämpfen unterwarfen die Sachsen unter 
Hermann Billing und Markgraf Gero' die Wenden dem Christenthum und 
deutscher Sitte. Das weite Land zwischen Elbe und Oder ward colonisirt. Otto 
verfuhr, wie einst Karl der Große bei den Sachsen, indem er in den unter- 
worfenen Landschaften Bisthümer gründete: so OpD e n 6 u y.g.7 (im östlichen Hol¬ 
stein) Havelberg, Brandenburg, Merseburg, Meissen und Zeitz; ja, 
noch im fernsten Osten unter den Polen ward Posen gegründet. Alle diese 
Bisthümer stellte er gegen Ende feines Lebens unter das Erzbist hu m Mag de- 
bürg. — Aber auch nach dem Norden verbreiteten von Bremen aus Deutsche 
das Christenthum; der Erzbischof Adeldag, Unni's großer Nachfolger, sorgte 
für die Mission unter Schweden und Dänen. Letztere, die unter Harald Blau- 
zahn über ihre Grenzen gegriffen, hatte Otto gedemüthigt, sie bis zur äußersten 
Spitze Jütlands getrieben und von hier aus feineu Speer ins Meer geschossen, 
zum Zeichen, daß erst hier seines Reiches Ende sei. Mit fast königlicher Macht 
breitete sich Otto's Bruder, der Baierherzog Heinrich, gegen Osten bis zur 
Theiß und gegen Süden bis Jstrieu und Frianl aus: und so entsprach der 
sächsischen Eolonisation im Norden eine bairische im Süden, und auch hier 
waren die Bisthümer Regensburg und Pas sau für die Mission thätig. Es 
war die Zeit der gewaltigsten Ausdehnung deutscher Kraft. Schon galt Otto's 
Wort, den man nun anfing, wie weiland König Karl „den Großen" zu nennen, 
auch etwas in den Wirren Frankreichs, dessen König Ludwig IV. Giselberts 
Wittwe geheirathet hatte und so Otto's Schwager geworden war; ihm zog er 
gegen seine aufständischen Großen einmal sogar bis vor Paris zu Hilfe. Auch
	        
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