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an eifrig, daö Andenken an seine erste Gemahlin, die noch immer
in seinem Herzen lebte, völlig auszulöschen.
Im Jahre 1750 brach jener, durch die Schlacht von
Roßbach für Frankreich so schimpfliche, siebenjährige Krieg
aus, der aber, wie schon gesagt, an einem andern Orte
erzählt werden wird. Während der Kriegsunruhen aber/ zu
Anfänge des Jahres 1757, ereignete sich ein Vorfall, der
recht eigentlich darauf berechnet war, den König zum Nachdenken
über sich selbst zurückzuführen, "wenn er dessen irgend noch fähig
gewesen wäre. Es war ein kalter und finsterer Winterabend
(5. Januar zwischen fünf und sechs Uhr), als er aus dem
Portale des Versailler Schlosses auf den vorgefahrcnen Wagen
zuging, um nach Trianon zu fahren, wo er übernachten wollte.
Plötzlich erhielt er einen Stoß in die Seite, nach dessen Ursache
er nicht weiter gefragt haben würde, wenn er nicht gleich darauf
an dem warm hcrvorquellenden Blute bemerkt hatte, das; cs
zugleich ein Stich gewesen sei. DaS Gedränge der Höflinge um
den König war so dicht, daß man die Bewegung des Mörders
gar nicht gesehen hatte, so daß dieser Zeit gewann, sich unter die
etwas entfernteren Zuschauer zurückzuzichen; er wäre auch wohl
unerkannt geblieben, wenn er nicht vergessen hätte, den Hut, wie
alle klebrigen, abzunchmen. Daran ihn erkennend, ruft der König
der Wache zu: ,,Dcr Mensch da hat mich verwundet! Nehmt
ihn fest, aber thut ihm kein Leid."
Die That machte gewaltiges Aufsehen. Weil man nicht
wußte, wie die Wunde beschaffen, ob vielleicht daö Instrument
vergiftet gewesen sei, so verbreitete sich das Gerücht in Versailles,
der König sei tödtlich verwundet. Die Hoflcute eilen, ihn zu
Bette zu bringen; die königliche Familie umgiebt dasselbe
erschrocken und verwirrt; man greift den ersten besten Kapellan
auf, der sich vergebens mit seiner Unwissenheit, einen König
zu absolviren, entschuldigt; man zwingt ihn, demMonarchen die
Sakramente zu geben, wie er selbst sehnlichst verlangt'; denn er
hält diesen Tag für den letzten seines Lebens.- Erst an> andern
Morgen, als man den Verband abnahm, sah man nur eine
kleine Oeffnung, wie nach einem Aderlässe, und bemerkte keinen
schlimmen Zufall. Als die Nachricht von diesem Attentate, tau¬
sendfach vergrößert, nach Paris kam, gcricth die ganze Stadt in
Bewegung. Die Prinzen und Pairs, sowie die höchsten Gerichts-