205 
an eifrig, daö Andenken an seine erste Gemahlin, die noch immer 
in seinem Herzen lebte, völlig auszulöschen. 
Im Jahre 1750 brach jener, durch die Schlacht von 
Roßbach für Frankreich so schimpfliche, siebenjährige Krieg 
aus, der aber, wie schon gesagt, an einem andern Orte 
erzählt werden wird. Während der Kriegsunruhen aber/ zu 
Anfänge des Jahres 1757, ereignete sich ein Vorfall, der 
recht eigentlich darauf berechnet war, den König zum Nachdenken 
über sich selbst zurückzuführen, "wenn er dessen irgend noch fähig 
gewesen wäre. Es war ein kalter und finsterer Winterabend 
(5. Januar zwischen fünf und sechs Uhr), als er aus dem 
Portale des Versailler Schlosses auf den vorgefahrcnen Wagen 
zuging, um nach Trianon zu fahren, wo er übernachten wollte. 
Plötzlich erhielt er einen Stoß in die Seite, nach dessen Ursache 
er nicht weiter gefragt haben würde, wenn er nicht gleich darauf 
an dem warm hcrvorquellenden Blute bemerkt hatte, das; cs 
zugleich ein Stich gewesen sei. DaS Gedränge der Höflinge um 
den König war so dicht, daß man die Bewegung des Mörders 
gar nicht gesehen hatte, so daß dieser Zeit gewann, sich unter die 
etwas entfernteren Zuschauer zurückzuzichen; er wäre auch wohl 
unerkannt geblieben, wenn er nicht vergessen hätte, den Hut, wie 
alle klebrigen, abzunchmen. Daran ihn erkennend, ruft der König 
der Wache zu: ,,Dcr Mensch da hat mich verwundet! Nehmt 
ihn fest, aber thut ihm kein Leid." 
Die That machte gewaltiges Aufsehen. Weil man nicht 
wußte, wie die Wunde beschaffen, ob vielleicht daö Instrument 
vergiftet gewesen sei, so verbreitete sich das Gerücht in Versailles, 
der König sei tödtlich verwundet. Die Hoflcute eilen, ihn zu 
Bette zu bringen; die königliche Familie umgiebt dasselbe 
erschrocken und verwirrt; man greift den ersten besten Kapellan 
auf, der sich vergebens mit seiner Unwissenheit, einen König 
zu absolviren, entschuldigt; man zwingt ihn, demMonarchen die 
Sakramente zu geben, wie er selbst sehnlichst verlangt'; denn er 
hält diesen Tag für den letzten seines Lebens.- Erst an> andern 
Morgen, als man den Verband abnahm, sah man nur eine 
kleine Oeffnung, wie nach einem Aderlässe, und bemerkte keinen 
schlimmen Zufall. Als die Nachricht von diesem Attentate, tau¬ 
sendfach vergrößert, nach Paris kam, gcricth die ganze Stadt in 
Bewegung. Die Prinzen und Pairs, sowie die höchsten Gerichts-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.