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fAr die geschorenen Häupter eine grosse Beschwerde ward. Jedoch
bei der Abgabe für die neugckauftcn Perrücken blieb cs nicht;
jeder musste dazu auch noch alle Jahre eine beständig bleibende
Steuer bezahlen. Alle Hofleute, Minister, Generäle erlegten
jährlich dritthalb Thaler, die übrigen Rache und Offiziere bis
zum Major zwei LHaler, die Sccretairs, Subalternen-Offiziere,
Magistrate, Kaufleute und Künstler, anderthalb Thaler; die Hand¬
werker und gemeinen Bürger zwanzig Groschen; die Bedienten
und alle sonstigen geringen Leute einen halben Thaler. Die
Geistlichen, Unteroffiziere, gemeine Soldaten und Kinder unter
zwölf Jahren bezahlten nichts»
Friedrich Wilhelm I, König von Preußen.
Als König Friedrich ). am 25. Februar 1713 in die Gruft
seiner Väter hinabgcftiegcn war, folgte ihm auf dem Throne sein
einziger Sohn, Friedrich Wilhelm I., geboren zu Berlin
den 15. August 1683. Der Prinz hatte schon längst vor Be¬
gierde gebrannt, die vielen Unordnungen abzustcllen, welche durch
die Nachlässigkeit und Prunkliebe seines Vaters waren veranlaßt
worden; und wie durch einen Zaubcrschlag änderte sich mit sei¬
ner Thronbesteigung die ganze Gestalt des Hofes und bald auch
der gesammten Monarchie.
Werfen wir zuvörderst einen Blick zurück auf die Iugcnd-
jahrc dieses Fürsten. Wir haben die Mutter deffelben, Sophie
Charlotte, schon im Früheren kennen gelernt. Von einer Frau von
so hoher Geistesbildung durfte man erwarten, das; sie der Erzie¬
hung und Bildung des künftigen Thronerben alle ihr gebührende
Sorgfalt widmen würde. Allein selbst bei dieser hochbegabten
Fürstin war das natürliche Muttergefühl starker, als der Vorsatz,
ihren Sohn ganz nach den richtigen Grundsätzen zu erziehen, die
-sich ihr Heller Verstand entworfen hatte. Ihre Mutterliebe artete
in Schwäche aus; sie hatte nicht Kraft genug, sich den Leiden¬