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Friedrich Wilhelm vermehrte sein Heer von 40,000 Mann, 
die ihm sein Vater hknterlaffen hatte, allmalig bis auf 80,000. 
Mit sehr wenigen Ausnahmen wurden alle Kinder männlichen 
Geschlechts in seinen Staaten, von dem Augenblicke ihrer Geburt 
an, zum Kriegsdienste ausgezeichnet und erhielten zum sinnlichen 
Zeichen ihrer Verpflichtung eine rothe Halsbinde. Bei der Aus¬ 
hebung selbst herrschte die größte Willkühr; denn die Regimenter 
nahmen, wen und wo sie wollten*)« Nicht zu gedenken, das; 
keine Rücksicht auf Stand, Beruf und äußere Verhältnisse genom¬ 
men ward, so ergriff man häufig selbst untaugliche Männer, 
bloß um Geld zu erpressen. Leute, die das Maß nicht hielten, 
oder alt und zu schwach waren, wurden von einem Regiments 
angchaltcn und mußten sich mit vielem Gelde loskaufcn. Bald 
darauf gcricthen sie in die Gewalt eines andern, wo sie ein neues 
Löscgeld zu erlegen hatten. Mancher, der noch brauchbar war, 
kaufte sich zwei bis drei Mal los, und sowie er zuletzt kein Geld 
mehr Halle, mußte er doch Soldat seyn. Es hielt überhaupt 
sehr schwer, gegen die rohen Anmaßungen der Compagnie- und 
Regimenlschefs Recht zu finden. Im Jahre 1720 überfielen die 
Soldaten wahrend des Gottesdienstes mehrere Kirchen der Graf¬ 
schaft Mark und rissen die großen Leute heraus. Die zum 
höchsten Unwillen gereizten Einwohner brauchten Gewalt, prü¬ 
gelten die Soldaten durch und jagten sie in die Flucht. Die 
Regimenter betrachteten dies als eine Ehrensache; sie klagten beim 
Könige, und dieser gab ihnen Recht. Die Städte mußten eine 
große Summe Strafe bezahlen, sodann das Capital als Anleihe 
nehmen und jährlich Zinsen dafür erlegen. Einige Prediger in 
eben dieser Grafschaft, welche über diese Art zu werben auf der 
Kanzel geeifert hatten, wurden gefangen nach Berlin und von 
der Wache vor's Confistorium geführt, wo man ihnen auf aus¬ 
drückliches Verlangen des Königs die Absetzung von ihren Aem- 
tcrn und nebenbei Lcibcsstrafe ankündigte; letztere erließ man 
ihnen aus Gnade. 
Dergleichen Maßregeln verbreiteten allgemeine Bestürzung 
») Die Univcrsitatsmitglicder zuHalle berichteten dem Könige (im März 
1731), daß ein Studiosus Juris von einigen Soldaten eines Abends 
auf öffentlicher Straße angcfallen, in einen Wagen geworfen und zum 
Stadtthorc hinausgcführl worden scy. Der König antwortete darauf 
eigenhändig: ,, Sollen nit Resoimneii, ist mein Untcrthan."
	        
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