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als Polen; man stellte sie der Königin, dann mir vor. — Nach 
der großen Tafel war Abends Appartement bei der Königin, 
wobei sich die Gräfinnen Orsclska und. Bilinska, beide 
natürliche Töchter des Königs, auch befanden. Die erste war 
auch seine Maitresse; er liebte sie mit ganz außerordentlicher Zärt¬ 
lichkeit. Sic machte sich nicht viel aus dem Alten und zog ihren 
Halbbruder, den Grafen Nwdofsky, welchen ihr Vater mit einer 
Türkin gezeugt hatte, vor. Die Lästcrchronik behauptete, daß sie 
den ganzen Schwarm ihrer Brüder, der sehr stark war, begünstige." 
„Feste und Vergnügungen drängten einander während der 
Anwesenheit des Königs von Polen bei uns. — In Charlot¬ 
ten bürg hatten die beiden Monarchen bei einem vertrauten 
Mahle sich tüchtig bezecht. Nach Tische kamen sie zur Königin, 
wo der König von Polen eine Partie l'Hombre vorschlug, bei 
welcher ich die dritte Karte erhielt. Er gab sich, ganz galant, unge¬ 
mein viel Mühe, daß ich einige hundert Dukaten gewinnen mußte, 
die mir recht wohl zu statten kamen; denn ich besaß keinen Heller 
und konnte meinen Freundinnen gar keine Freude machen. Das 
Spiel dauerte nicht lange, und gleich darauf wurde Abschied 
genommen. Der König trat seine Rückreise an. Mein Vater reiste 
bald darauf nach Preußen. Der Kronprinz, mein Bruder, blieb 
in Potsdam und durste wöchentlich zweimal seine Mutter besuchen." 
„Bald darauf sollte ich mit dem Prinzen von Weißenfels 
(ein Prinz aus der Nebenlinie des sächs. Albertinischcn Hauses; 
s. alt. Gesch. Band il. S. 358 Anm., S. 304 und Band III. 
S. 12 Anm.) verwählt werden. Ich war in furchtbarer Unruhe. 
Meine Mutter erklärte, daß sie in die Hcirath nie einwilligen 
werde; ging cs ihr nach, so sollte und mußte ich den Prinzen 
von Wallis heirathcn. Endlich zerschlug sich Alles. — Kurz 
darauf bekam mein Vater einen heftigen Anfall von Podagra 
und war bei ganz unerträglicher Laune. Mich nannte er gar 
nicht anders, als die englische Canaille, und mißhandelte mich 
und meinen Bruder auf's Härteste. Wir durften ihn keinen 
Augenblick verlassen; wir mußten sogar neben seinem Bette 
speisen. Um uns zu kränken, ließ er uns nur solche Speisen vor- 
sctzen, vor welchen wir natürlichen Abscheu hatten. Mir mußten sie 
verschlucken. Ob wir das Fieber davon bekamen, oder uns erbra¬ 
chen, das war ihm einerlei. O, wie unglücklich waren wir! Der 
König saß auf einem Stuhle mit Rollen, auf welchem wir ihn,
	        
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