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des französischen Heeres war in diesem Augenblicke höchst bedenk¬
lich; denn hätten die Oesterreicher ihren Vortheil benutzt, so
konnte das ganze französische Heer weder vom eigentlichen
Schlachtfcldc, noch von der Insel Lobau entkommen. — Um
neun Uhr Abends hörte die Schlacht auf, nachdem sic, die kurze
Unterbrechung in der Nacht abgerechnet, dreißig Stunden unablässig
gedauert hatte. Auf beiden Seiten war der Verlust beträchtlich.
Die Oesterreicher hatten an 9000 Todte und Verwundete; der
französischen Armee aber kosteten diese beiden Tage beinahe 30,000
Mann. Mehrere Generale blieben auf dem Schlachtfclde; beson¬
ders bedauerte man den Tod der Generale d'Es pagua und
St. Hilaire. Allein der schmerzlichste Verlust war jener des
Marschall Lanncs, Herzogs von Montcbello, dem eine
Kanonenkugel den 22. AbcndL beide Schenkel zerschmetterte.^)
*) Ein Augenzeuge erzählt den Tod des Marschalls wie folgt: „Zwischen
drei und vier Uhr Nachmittags ging Lanncs, in Begleitung des Gene¬
ral Ponzet, eines alten Waffengcfahrtcn, der mit ihm aus Spa¬
nien gekommen war, hinter der Linie der Plänkler und befeuerte
ihren Muth. Nicht lange, fo fliegt dem Generale eine Flintenkugel
an die Stirn, und er fallt todt nieder. Voll Schmerz über den Ver¬
lust seines Freundes entfernt sich Lanncs, setzt sich in der Niederung
zwischen den beiden Dörfern (Aspern und Eßling) nieder und über¬
laßt sich seinem Schmerze. Bald darauf nähern sich einige Soldaten,
den Leichnam des Generals tragend, dem Marschalle, der mit dem
Ausrufe: „Soll mich denn dieses schreckliche Schauspiel überall ver¬
folgen!" aufspringt und sich in einiger Entfernung wieder nicderseßt.
Hier war er von seinen Offizieren, die der Tod verschont hatte, um¬
geben, als ein Drcipfündcr seine beiden Knie traf, die er kreuzweise
über einander gelegt hatte. Lanncs ward nach der Insel Lobau getra¬
gen, wo Napoleon und Masiena sich befanden. Sobald der Kaiser
ihn erblickt, eilt er aus ihn zu und bedeckt ihn mit Küssen. Er ruft
ihn schluchzend bei seinem Namen und sagt mit halb erstickter Stimme:
„Lannes, mein Freund, erkennst Du mich? Ich bin es; ich, der
Kaiser,.....Bonaparte, Dein Freund! ..... Lannes, Lanncs,
Du wirst uns erhalten werden!" Der Marschall öffnet die Augen
und crwiedert mit Mühe: „Ich wünsche zu leben, wenn ich Ihnen,
sowie unscrm Frankreich, noch dienen kann;.....allein ich glaube,
daß Sie, che eine Stunde vergeht, den Mann, der Ihr bester Freund
war, werden verloren haben." Napoleon lag vor dem sterbenden
Helden auf den Knien und vergoß heiße Thränen. — Unter allen
Umstanden wäre dieses Schauspiel herzzerreißend gewesen; allein einen
noch gewaltigeren Eindruck machte es auf uns beim Ausgange einer