Object: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zur Gegenwart (Teil 3)

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4. Erwerbung von Kolonien, Der aufblühende Handel Deutschlands 
hatte Hamburger und Bremer Kaufleute veranlaßt, in fremden Erdteilen Ab- 
fatzgebiete für ihre Erzeugnisse zu suchen und dort Handelsniederlassungen 
zu gründen. Um aber nicht den Feindseligkeiten der Wilden und dem Neid 
anderer Handelsmächte schutzlos ausgesetzt zu sein, baten sie das^ Reich um 
seinen mächtigen Schutz. Er wurde ihnen auch gewährt. Im Jahre 1884 
stellte,das Reich einen Landstrich an der Westküste Südafrikas, der sich 
im Besitz des Bremer Kaufmanns Lüde ritz befand, unter seinen Schutz. In 
demselben Jahre hißte der Afrikaforscher Gustav Nachtigal im Auftrage des 
Reiches die deutsche Flagge in Togo und Kamerun, wo der Hamburger- 
Kaufmann Wörmann Handelsniederlassungen besaß. 1885 wurde Deutsch- 
Ostafrika durch den Afrikareisenden Karl Peters für Deutschland erworben. 
Auch in der australischen Inselwelt erwarb sich Deutschland Kolonien: das 
Kaiser-Wilhelms-Land auf Neu-Guiuea, den Bismarckarchipel, einen 
Teil der Salomonsinseln, die Marschallinseln und (1899) die Marianen 
und Karolinen. Durch regelmäßige Dampfschiffverbindungen, die von dem 
Reich unterstützt werden, sind diese Kolonien mit Deutschland verbunden. Sie 
liefern uns wertvolle Rohstoffe für unsere Industrie; sie sind auch ein gutes 
Absatzgebiet für unsere Erzeugnisse. Dem deutschen Handel im Ausland bieten 
sie wichtige Stützpunkte, und einige von ihnen eignen sich auch zur Ausiedlung 
deutscher Auswanderer. 
5. Die HrbeiterverTicberungsgeTet$e. In der Zeit des Wirtschaft- 
lichen Aufschwungs waren in Deutschland überall Fabriken entstanden, in denen 
viele Arbeiter beschäftigt wurden. Aber der Lohn entsprach häufig nicht der 
Arbeit, und oft mußte diese in gesundheitsschädlichen Räumen verrichtet werden. 
Der Staat suchte deshalb diese Verhältnisse zu bessern. Er ernannte Fabrik- 
inspektoren, die darüber zu wachen haben, daß das Leben und die Gesund- 
heit der Arbeiter nach Möglichkeit geschützt werden. Auch beschränkte man 
die Arbeit der Kinder und der Frauen in gewerblichen Betrieben. Um. 
aber den Arbeiter auch bei Krankheiten und Unfällen und im Alter möglichst 
vor Not zu bewahren, schuf man die sogenannten Arbeiterversichernngs- 
gesetze. 
Die Krankenversicherung wurde im Jahre 1883 eingeführt. Um in 
Krankheitsfällen vor Verarmung und Not geschützt zu sein, muß jeder Arbeiter 
einer Krankenkasse angehören. Je nach der Höhe seines Verdienstes hat er 
einen wöchentlichen Beitrag zu zahlen, ebenso sein Arbeitgeber. Im Falle 
der Erkrankung erhält der Arbeiter dafür freie ärztliche Behandlung, Arznei 
und etwa die Hälfte seines wöchentlichen Verdienstes als Krankengeld. 
Die Kosten der im Jahre 1884 eingeführten Unfallversicherung 
müssen durch die Arbeitgeber allein aufgebracht werden. Der bei der Arbeit 
Verunglückte erhält eine Entschädigung, die sich nach der Höhe seines Ver- 
dienstes und der Schwere seines Unfalls richtet; im Falle seines Todes wird 
seinen Hinterbliebenen, eine Unterstützung ausgezahlt. 
(Die Einrichtung einer Alters- und Invalidenversicherung, die Kaiser 
Wilhelm I. plante, hat er nicht mehr erlebt. Aber dem in seinem Geiste 
Kahnmeyer u. Schulze, Geschichte für Mittelschulen. III. 17
	        
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