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Sprache den Ungarn aufdringen wollte, durch einen entschiedenen 
Widerspruch kund that. Es ergingen daher von verschiedenen 
Comitatversammlungen die dringendsten Bitten an den Kaiser, 
die alte Verfaffung wiederherzustellen. Von den Vorboten- des 
Aufruhrs geschreckt, zagte der todtkranke Monarch und erließ ein 
Edict, durch welches er mit schwerer Selbstüberwindung die Werke 
seiner schöpferischen Hand, die geliebten Denkmale seiner Lebens¬ 
mühen, selbst zerstörte. In der Neichsverfassung ward Alles 
wieder auf den alten Fuß gesetzt; nur das Tolcranzedict und 
jenes über die Milderung der Gruudherrlichkeitsrcchte und der 
Leibeigenschaft sollten in Kraft bleiben. Er schickte auch die 
ungarische Neichskrone nach Ofen zurück, wo sie, als Vorbote 
der wieder errungenen Freiheit, mit dem größten Jubel empfangen 
ward. Triumphbogen erhoben sich, wo sie durchkam, und die 
Stadt Ofen ward auf das Festlichste erleuchtet. 
Man kann denken, mit welchem Gefühle Joseph den ganzen 
Zweck seines Lebens und Wirkens zertrümmerte^); es ist nicht zu 
verwundern, daß diese Kränkung sein Herz bracht). Mit großer 
Ruhe, trotz seiner körperlichen Leiden, und mit uucrmüdeter Thätig- 
keit, trotz der bitteren Erfahrungen, ging er seinem Ende entgegen. 
Geraume Zeit war er unter den Händen der Acrzte gewesen und hatte 
immer tröstende Antworten bekommen. Da er jedoch ihre Auf¬ 
richtigkeit bezweifelte, so ließ er den Doctor O-uarin zu sich 
kommen. Dieser berühmte Arzt stand in dem Rufe, das; seine 
Entscheidungen über Leben und Tod untrüglich seyen, und man 
wollte kein Beispiel wissen, daß er sich in seinen Aussprüchen 
dieser Art jemals geirrt habe. Der Monarch sagte zu ihm: 
„Eine Privatperson kann zu jeder Zeit sterben, aber für einen 
Kaiser sind einige Vorbereitungen nöthig. Ich erwarte von 
Ihnen, daß Sie mir entschieden meine Lage sagen." O.uarin 
untersuchte den Kranken genau und sagte ihm dann unverhohlen, 
daß ec nicht lange mehr zu leben habe. Joseph dankte ihm für 
- *) /, Ich wünschte, — sagte er gegen Ende seines Lebens — man schriebe 
aus mein Grab: Hier ruht ein Fürst, dessen Absichten rein waren, 
der aber das Unglück hatte, alle seine Plane scheitern zu sehen." 
**) „ Ihr Land hat mich umgebracht, — sagte Joseph vor seinen, Lode 
zu dem Prinzen de Ligne, der aus Belgien abstammte — das ver¬ 
lassene Brüssel ist mein Tod! Ich sterbe! Ich müßte sonst von 
Holz seyn! "
	        
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