40 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken.
feiten der Mongolen, Tataren und Türken wurden die Russen schließlich
vom Seehandel ganz abgeschnitten und verschwanden für uns überhaupt,
da seit dem Falle Konstantinopels (1453) der gesamte pontische Handel
erstorben war, besonders seit die Osmanen ihre Herrschaft am Schwarzen
Meere immer weiter ausbreiteten. Es bedurfte neuer Anregungen, um
Rußland mit Europa wieder in regelmäßige Verbindung zu bringen, und
diese kamen aus einer Gegend, von der man sie am wenigsten vermutet
hatte — aus dem äußersten Norden.
Den Anstoß dazu, daß Rußland wieder aufs neue und zwar auf
einem neuen Wege mit dem Westen Europas in Handelsverbindungen trat,
gab ein deutscher Edelmann, Sigismund von Herberstein aus Wippach
in Kärnten. Schon zu Ausgange des 15. Jahrhunderts hatten die deut-
schen Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. das Bedürfnis gefühlt, mit
dem russischen Reiche, welches seit 1430 unter Iwan von der Oberherr-
schast der Mongolen frei geworden war, in Verbindung zu treten. Sie
hatten Gesandte an diesen Fürsten geschickt; auch der Erzherzog Sigismund
sandte einen Tiroler, Michael Saups, 1492 nach Moskau, der über das
russische Reich und die Länder bis zum Ob Erkundigungen einziehen sollte.
Doch größere Bedeutung erlangten die Reisen des obengenannten Herber-
stein. Zweimal verweilte er als kaiserlicher Gesandter, 1517 sowie 1526,
am Hofe der moskowitifchen Großfürsten, wo er weitreichende Erkundigun-
gen über Land und Leute des bis dahin noch wenig gekannten Rußlands
einzog. Die Frucht seiner Studien war die erste neuere Karte des großen
Reiches, auf der auch Teile Westasiens erscheinen und der Fluß Ob in dem
See Kitais, welchen Herberstein seinem Namen nach als in China gelegen
vermutet, entspringt. Deshalb versetzt er auch die chinesische Hauptstadt
Peking oder Kumbalig ganz in dessen Nähe. Auf dieser Karte erscheint
auch bereits das Weiße Meer als ein Arm des Nördlichen Eismeeres.
Die Russen selbst wußten damals noch wenig vom Norden ihres Reiches,
denn die Stadt Cholmogory an der Dwina war der nördlichste Ort, wo-
hin sie des Pelzhandels wegen kamen. Doch erstreckten sich ihre Reisen
schon bis zum Ob, sie zogen die Petschora aufwärts, überschritten die ura-
tischen Höhen und stiegen ins Thal der Soswa, die in den Ob mündet,
herab. Bis hierher hatten daher die russischen Großfürsten von Moskau
aus gelegentlich ihre Herrschaft ausgedehnt.
Damals waren die Versuche, eine nordwestliche Durchfahrt nach Indien
zu sinden, gescheitert, und Herbersteins Karte, die im Oblause den direkten
Weg nach Katai, d. h. China, zeigte, gab nun die Richtung an, aus welcher
man vorgehen müffe. Also in nordöstlicher Richtung, längs der Küste
Lapplands, wollte man vordringen, und das Volk, welches hier zuerst bahn-
brechend auftrat, war das britische. England suchte neue Absatzwege für
seine Erzeugnisse, die damals — in der Mitte des 16. Jahrhunderts —
nur zu sehr gedrückten Preisen auf den europäischen Märkten anzubringen