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vollbrachte dies Meisterstück der Maschinenkunst, diese entsetzliche
Last durch die zusammengesetztesten Werkzeuge aus der Erde zu
heben und in zweiundfunfzig abgesetzten Bewegungen an ihren
neuen Ort, den grossen Platz vor der Pcterskirche hinzuschciffen.
Achthundert Menschen und hundertundvierzig Pferde wurden dazu
erfordert. Der ganze Obelisk war in ein besonderes Gehäuse
eingeschlossen, um nicht zu zerbrechen, und oben saß der Baumei¬
ster und gab mit einer Trompete das Zeichen zu den Bewegun¬
gen. Jeder Hub verursachte ein Dröhnen, das dem Erdbeben
und dem Krachen des Donners glich, und fast zwei Monate dau¬
erte die Arbeit (1580). In den drei folgendem Jahren ließ Six¬
tus noch drei kleinere Obelisken ausgraben, zusammensetzen und
an schicklichen Platzen aufrichten, wo sie noch zu sehen sind.
Auch vollendete er die berühmte Kuppel der Peterskirche (Julius II.
hatte den Bau der Kirche begonnen), dieses erhabenste Werk der
neueren Baukunst und trieb dabei nach seiner Weise den Baumei¬
ster so sehr, dass das Ganze mit Hülfe von sechshundert Menschen,
die zum Theil sogar des Nachts arbeiteten, in zweiundzwanzig
Monaten zu Stande kam.
Zu Gunsten der leidenden Menschheit stiftete er ferner ein
sehr großes Spital, das längs der Tiber erbaut wurde. Es sollte
zur Vertilgung der unbeschreiblichen Menge Bettler dienen. Ge¬
gen zweitausend Arme, die Aufseher ungerechnet, konnten darin
Platz finden. Die müßigen Tagediebe sollten zu allerlei Arbeiten
angehalten werden, alle nach Nom kommenden Pilgrimme aber
hier drei Tage lang freien Unterhalt finden. Wie ansehnlich indes;
die Summen waren, welche Sixtus auf seine grossen Unterneh¬
mungen verwendete, so sammelte er doch noch einen Schatz von
drei Millionen Scudi (fünf Millionen Thaler), welchen er in der
Engelsburg für seine Nachfolger als einen bleibenden Nothpfcnnig
niederlegte, den sie aber nur in ausserordentlichen Fällen, die er
genau bestimmt hatte, sollten angrcifcn dürfen. Um ihn zu erspa¬
ren , vermied er für seine eigene Person jede Art des Aufwandes
in dem Grade, daß ec sogar geflickte Hemden trug.
Wie sehr auch SixtuS ein eifriger Katholik war, so schätzte
er doch jedes Talent auch bei den Ketzern hoch. Er bewunderte
laut die Tapferkeit und Klugheit des ketzerischen Heinrich voit