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2tlb recht, Graf von Wallen stein, Herzog zu
Friedland, Meklenburg und Sag an»
Wie eine furchtbar große Erscheinung, gleichsam-mit einem
gcheimnißvollen Dunkel umzogen und von der Dichtkunst verherr¬
licht, tritt Wallcnstein #) in der Geschichte auf. Durch den
*) Eigentlich Albrccht Wcnceslaus Eusebius von Wald stein, geboren
zu Prag am 14. September 1583, aus einem protestantischen, wenig
begüterten, freiherrlichen Geschlechte, das aber, wie auch der Name
cs verrath, deutscher Abkunst war. Bevor wir uns jedoch zu der Le-
bensgeschiehte dieses Helden wenden, ist es nothwendig, den Leser darauf
aufmerksam zu machen, daß dieser denkwürdige Mann während ganzer
zwei Jahrhunderte fast durchgängig ist falsch beurtheilt worden, und
daß sich die Wahrheit in Betreff seiner erst ganz vor Kurzem durch
aufgefundene Original-Briefe von ihm, die über die wahren Motive
seines Handelns den hellsten Aufschluß geben, der lauge getauschten
Nachwelt kund gethan hat. Der verdiente Herausgeber dieser Briefe
äußert sich bei Beleuchtung der dem Herzog von Friedland beigemesse-
neu hochverrathcrischenAbsichten und deren Nichtigkeit wie folgt: „Es
ist — sagt er — über Wallenstein viel geschrieben worden, allein zum
ersten Male soll die Gerechtigkeit an ihm geübt werden, daß wir
den Angeklagten selbst vor den Schranken erscheinen und seine Sache
führen lassen, damit er die harten Beschuldigungen, wodurch ihn selbst
Schiller in seiner Geschichte des dreißigjährigen Krieges als einen
„m cineidigen Verrath er" und „t o d c s w ü r d i g e n Verbre¬
cher" anklagt, von sich weise. Die Verfälschung der Berichte über
ihn fängt mit der Niederlegung des Generalats an, und cs konnte der
Betrug um so sicherer durchgeführt werden, da er von hohen Staats¬
beamten auöging und von dem Kaiser Ferdinand II. ist gutgeheißen
worden." — Als die Hauptquelle für diese Periode galten denHisio-
rikern bis jetzt die unter den Augen Ferdinands geschriebenen Annale»
Ferdinandi von Khcvenhiller und ein „auf sonderbaren, der Rom»
kaiserl. Maj. allergnädigsten Befehl" erschienener „ausführlicher und
gründlicher Bericht." Gras Khcvenhiller war ein Zeitgenosse Wallen¬
steins, kaiserlicher Geheimer - Rath und Gesandter, dem mithin alle
Mittel zu Gebote standen, um sich von den Verhältnissen genau zu
unterrichten; weshalb cs schon großes Mißtrauen erwecken muß, daß
er zu dessen Geschichte als einzige Quellen jenen ausführlichen und
gründlichen Bericht, nebst der Aussage eines begnadigten böhmischen
Auswanderers, Scheschina Raschin von Riesenburg, ohne jedoch über
deren Entstehen Auskunft zu geben *), benutzte. „Wenn nun — fährt
*) lieber die Veranlassung zu der von Raschin von Riesenburg veponirten
Aussage iß hiö jetzt Folgendes bekannt: IaroSlaw Sechgn (Schefchlan) Ras