Full text: Altertum und Mittelalter (Teil 1)

der Kahle, III. — Karl der Dicke) allgemeine Anerkennung, wenn 
auch an seinem Sieg von Anfang an kein Zweifel war. Die bayrische 
Partei wählte zuerst den tapfern, aber machtlosen Grafen Günther 
von Schwarzburg zum Gegenkönig (1349). Dagegen begünstigte 
Karl die Gegner des wittelsbachischen Markgrafen Ludwig von 
Brandenburg, namentlich den sog. falschen Waldemar, der sich 
für den 1319 gestorbenen Askanier ausgab und in der Mark vielen 
Anhang fand. Karl belehnte ihn sogar feierlich mit der Mark. Als- 
aber Karl sich mit dem wittelsbachischen Hause versöhnte, wurde 
Günther bewogen, auf die Krone zu verzichten — er starb gleich 
darauf im Juni 1349 —; der falsche Waldemar wurde vom Kaiser 
als Betrüger aufgegeben. 2) Es war auch sonst eine Zeit schweren 
Unglücks. In den Jahren 1348—1350 wütete im westlichen Europa 
der schwarze (oder faule) Tod und forderte zahllose Opfer; die 
schreckliche Heimsuchung löste bei manchen alle sittlichen Schranken aus. 
Ihr zur Seite und voran gingen entsetzliche Ausschreitungen gegen 
die Juden, denen alle Stände verschuldet waren und deren man 
sich unter dem Vorwand der Brunnenvergiftung fast überall in 
Deutschland in gräßlichen Metzeleien entledigte. In vielen Städten 
verbrannte man die ganze jüdische Bevölkerung, wenn diese es nicht 
vorzog, sich selbst mit Hab und Gut zu verbrennen. Fast alle größeren 
Städte, Basel, Freiburg, Straßburg, wo der Rat anfangs widerstand, 
Speyer, Worms, Mainz, Frankfurt, Köln, Erfurt, Nürnberg, Breslau, 
Königsberg, Wien und andere Städte waren der Schauplatz dieser 
Greuel, die sich nicht auf Deutschland beschränkten. Es war weniger 
der religiöse Gegensatz, der dazu führte, als eine Geldkrise „barbarisch- 
ster Art", eine soziale Revolution in mittelalterlicher Form. Auch 
die Geißelfahrten der Geißlervereine oder Flagellanten, die unter 
Bußgesängen den Leib blutig geißelten und den Heiland um Ver¬ 
gebung anflehten, hatten Judenschlächtereien im Gefolge. Den Juden 
konnten weder der Kaiser noch der Papst durch ihre Bemühungen 
viel Hilfe schaffen; den Geißlerfahrten, welche das kirchliche Amt und 
seine Gnaden ignorierten, tat der Papst Einhalt. 
d. Karl und Italien. 1) Karl, mit dem für längere (1347 
bis 1437) Zeit das luxemburgische Haus zur Regierung kam, war 
ein Fürst von trefflichen Anlagen und seltener Bildung, kirchlich 
fromm, ein sparsamer Haushalter, aber durchaus nüchtern, allen aben¬ 
teuerlichen Plänen und hohen Zielen abgeneigt. Darum begnügte 
er sich damit, die Reichsverhältnisse zu nehmen, wie sie waren, und 
doch seine Rechnung dabei zu finden. 2) Wie Heinrich VII. wurde 
auch er von den Ghibellinen nach Italien gerufen, namentlich von 
dem großen Dichter Petrarca (f 1374). Er erschien auch (1354,1355) 
in Italien, erlangte die lombardische und die Kaiserkrone, richtete 
auch durch seine Gewandtheit aus, was kein Kaiser feit Otto IV. 
erreicht hatte, daß die Herren ihm huldigten und die Städte ihm
	        
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