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9. Da setzt ihn der Graf auf sein 11. So mög' auch Gott, der all—
ritterlich Pferd mächtige Hort,
und reicht ihm die prächtigen Zäume, der das Flehen der Schwachen erhöret,
daß er labe den Kranken, der sein begehrt, zu Ehren Euch bringen hier und dort,
und die heilige Pflicht nicht versaͤume. so wie Ihr jetzt ihn geehret.
Und er selber auf seines Knappen Tier Ihr seid ein mächtiger Graf, bekannt
vergnüget noch weiter des Jagens Begier; durch ritterlich Walten im Schweizerland,
der andre die Reise vollführet. Euch blühn sechs liebliche Töchter.
Und am nächsten Morgen mit danken- So mögen sie, rief er begeistert aus,
dem Blick, sechs Kronen Euch bringen in Euer
da bringt er dem Grafen sein Roß zurück, Haus,
bescheiden am Zügel geführet. und glänzen die spätsten Geschlechter!“
10. Nicht wolle das Gott, rief mit 12. Und mit sinnendem Haupt saß
Demutsinn der Kaiser da,
der Graf, daß zum Streiten und Jagen als dächt' er vergangener Zeiten;
das Roß ich beschritte fürderhin, jetzt, da er dem Sänger ins Auge sah,
das meinen Schöpfer getragen! da ergreift ihn der Worte Bedeuten.
Und magst du's nicht haben zu eignem Die Züge des Priesters erkennt er schnell
Gewinst, und verbirgt der Tränen stürzenden
so bleib' es gewidmet dem göttlichen Quell
Dienst; in des Mantels purpurnen Falten.
denn ich hab' es dem ja gegeben, Und alles blickte den Kaiser an
von dem ich Ehre und irdisches Gut und erkannte den Grafen, der das ge—
zu Lehen trage und Leib und Blut tan,
und Seele und Atem und Leben. und verehrte das göttliche Walten.
203. Der Sunger.
Wolfgang v. Goethe.
1. „Was hör' ieh draußen vor 38. Der Sünger driüekt die Augen
dem Tor, ein
was auf der Brüeke schallen? und sehlug in vollen Tönen;
Lab den Gesang vor unserm Ohr die Ritter schauten mutig drein
im Saale widerhallen! und in den Schob die Schönen.
Der König sprach's, der Page lief; Der König, dem das Lied gefiel,
der Knabe äam, der König rief: lieb, ihn zu ehren für sein Spiel,
„Labßt mir herein den Alten!“ eine goldne RKette reichen.
2., Gegrübet seid mir, edle Herrn, 4. „Die goldne Kette gib mir
gegrübt ihr, schöne Damen! niceht,
Weleh reicher Himmell! Stern an die Kette gib den Rittern,
Stern! vor deren kühnem Angesicht
Wer kennet ihre Namen? der Peinde Lanzen splittern;
Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit gib sie dem Kanzler, den du
sohließt, Augen, euchl hier ist nicht hast,
Zeit, und laß ihn noeh die goldne Last
sieh sstaunend zu ergötzen“ zu andern Lasten tragen.
Hannoversches Lesebuch. Oberstufe.
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