Full text: Die außerdeutschen Länder (Teil 2)

Die wirtschaftliche Bedeutung der Ozeane. 
(Zur Lektüre.) 
1. Mer die Bedeutung des Ozeans für die Weltwirtschaft der 
Völker überhaupt. 
Gegenwärtig ist das Weltmeer internationales Gemeingut. Es ist das 
weitausgespannte Feld, wo sich produktionsfähige und kaufkräftige Nationen 
in friedlicher Arbeit nebeneinander bewegen. Jeder von ihnen gewährt es 
Raum, soviel ihr nach ihrer nationalökonomifchen Leistungsfähigkeit und 
politischen Macht zukommt. Auf dem Ozean liegt die Walstatt eines laut¬ 
losen, aber um so emsigeren und erfolgreicheren Wettbewerbs, wie er keinen: 
anderen großen Striche des Erdballes mehr zu eigen ist. Drei Vierteile 
des Welthandels spielen sich auf ihm ab. 
Das Meer hat nicht bloß von jeher zum unentbehrlichen Besitzbereiche 
hervorragender Völker gehört. Es hat vielmehr die meisten von ihnen erst 
zu dem gemacht, was sie in der Staaten- und Wirtschaftsgeschichte geworden 
sind: von den Phöniziern, Griechen, Karthagern und Römern an über die 
italienischen Handelsrepubliken des Mittelalters hinweg bis herab zu den 
Holländern, Engländern, Russen und Nordamerikanern. Mit wohlbegrün¬ 
detem Rechte hat daher Friedrich Ratzel geschrieben: „Aus dem endlosen 
Horizont des Ozeans wächst ein großer Zug von Kühnheit, Ausdauer und 
Fernblick in den Geist und Charakter der Seevölker hinein. Seevölker haben 
am wesentlichsten mit beigetragen zur Vergrößerung der politischen Ma߬ 
stäbe. Die enge territoriale Politik ist ihrem Wesen nach kurzsichtig; das 
weite Meer erweitert den Blick nicht bloß des Kaufmanns, sondern auch des 
Staatsmannes. Nur aus dem Meere kann der Schatz der Herrschaft über 
die Erde erhoben werden." 
Wenn im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts der Länderbesitz Gro߬ 
britanniens von 12,6 auf 27,8 Millionen gstm angewachsen ist; wenn sich 
Frankreich in dem gleichen Zeitraum ein ansehnliches Kolonialreich in Nord¬ 
afrika schuf, beträchtliche Stücke von Hinterindien sowie die Insel Madagas¬ 
kar an sich riß, die allein schon Deutschland an Flächeninhalt übertrifft und 
in Zukunft für koloniale Unternehmungen von allergrößter Bedeutung wer¬ 
den kann; wenn endlich die Union Nordamerikas zwischen 1800 und 1900 
Gruber-Reinlein, Wirtschaftsgeographie. 3. Aufl. 17
	        
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