Full text: Deutsche Gedichte für den Geschichtsunterricht

106 
3. Der Kaiser war im Feld erschienen, 
Ganz Frankreich riß er mit sich fort, 
Der Hölle kaum geschlossne Minen 
Spreirgt er mit macht'gem Zauberwort. 
Zum Maifeld ward das Volk berufen, 
In Schaaren zogen sie herbei, 
Und von des Throns erhabnen Stufen 
Rief er: „Auf! Frankreich, sei nun frei!" 
4 Die Thoren trauen seinen Schwüren, 
Krieg! heißt die Losung wieder, Krieg! 
Wir folgen dir, du wirst uns führen, 
Wohin du willst, dein ist der Sieg. 
Gieb uns nur Preußen und Patronen, 
Der Adler sei in Flor gehüllt, 
Bis deine tapfern Legionen, 
Was sie geschworen, dir erfüllt. 
8. „Auf! sammelt, ordnet eure Schaaren, 
„Ruft meinen Bülom mir heran, 
„Verhehlet keinem die Gefahren, 
„Die sich in Ungewittern nahn. 
„Das Heer soll ohne llmschweif wiffen : 
„Errettung bahnt uns nurdas Schwert, 
„Wir werden schlagen, denn wir müssen, 
„Nun noch ein Glas, u. dann zu Pferd!" 
9. Da donnert wieder es von weiten, 
Und der uns gestern nicht gehört, 
Der Britte läßt die Boten reiten, 
Er schickt, er bittet, drängt, beschwört. 
DieSchlacht kann er nicht langer halten, 
Die Feinde stürmen wild und barsch, 
Die festen Linien sind gespalten, 
Das letzte Treffen ist im Marsch. 
5. Im Strome drängtsich Mass'auf Masse, 
Die Fluth zerreißt den stärksten Damm, 
Bricht sich durch ehrne Mauer Gasse, 
Esstürztder Fels, es kracht derStamm. 
So wälzet sich mit Sturms-Gewalten 
Heran ein ganzer Welt-Coloß, 
Kein Herkules vermag's zu halten, — 
Da sinkt der Marschall unter's Roß. 
10. Da sieht er ferne Säbel blinken, , 
„Auf, ihr Trompeter, schmettert Tusch' 
„Victoria! die Preußen winken, 
„UndZieten stürzt sich ausdemBusch. 
„Dort von dem waldbekränzten Hügel 
„Steigt Bülow nieder in das Thal, 
„Gebrochen sind dem Feind die Flügel, 
„Tod und Verwirrung überall!" 
6. Doch frisch am andern Tage wieder 
Erhebt er sich im Morgenthau, 
Den treusten seiner Waffenbrüder 
Ruft er, den tapfern Gneisenau. 
„Noch ist der Muth uns nicht gesunken, 
„Auch unser Durst ist leidlich groß, 
„Und hab' ich kalt erst nachgetrunken, 
„Dann schlag' ich morgen wieder los. 
11. Noch stehn der Feinde dichte Glieder, 
„Die Garde stirbt, ergiebt sich nicht!" *) 
Die letzten Römer sinken nieder, 
Ereilt vom ew'gen Weltgericht. 
Der Kaiser sieht sein Schiff zerschellen, 
Und nirgend eine sichre Bucht/ 
Es schlagen über ihn die Wellen, 
Und Alles wendet sich zur Flucht. 
7. „Wär' England uns nicht ausgeblieben 
„Und hätten sie es auf dem Ball 
„Zu Brüssel nicht zu lang getrieben, 
„Dann kam ich sicher nicht zu Fall. 
„KannWellington denTanz nicht lassen? 
„Hätt' er sein Müthchen gern gekühlt? 
„Hier wird auch zum Galovp geblasen, 
„Und mit Kanonen aufgespielt. 
12. Nah bei dem Feld, wo wir geschlagen, 
Da steht ein Hcms „balle allinnee", 
Hier feierte in frohen Tagen 
Ein glücklich Paar den Höchzeittanz. 
Hierwar's,wo sich die Feldherrn fanden 
Und reichten sich die Bruderhand; — 
Wir haben in den Niederlanden 
Die Schlacht „belle alliance" genannt. 
Fr. Förster (geb. 1793). 
113. Preußenlied. 
1. Ich bin ein Preuße! Kennt ihr meine Farben? 
Die Fahne schwebt mir weiß und schwarz vorab; 
Daß für die Freiheit meine Väter starben, 
Das deuten, merkt es, meine Farben an. 
Nie werd' ich bang verzagen, 
Wie jene will ich's wagen; 
Sei's trüber Tag, sei's heitrer Sonnenschein, 
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein! 
2. Mit Lieb' und Treue nah' ich mich dem Throne, 
Von welchem mild zu mir ein Vater spricht; 
*) Daß die Garde auf die Aufforderung, die Waffen zu strecken, mil dem Rufe geantwortet babe; 
,Die alte Garde stirbt, aber sie ergiebt sich nicht!" hat sich als eine poetische Ausschmückung erwies,».
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.