Contents: Deutsche Gedichte für den Geschichtsunterricht

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33. „Soll werden, seinem König gleich, 
Ein hohes Heldenbild; 
Soll führen die Färb' von manchem 
Reich 
In seinem Banner und Schild. 
34. Soll greifen in manches Königs Tisch 
Mit seiner freien Hand; 
Soll bringen zu Heil und Ehren 
frisch 
Sein seufzend Mutterland." 
L. Uhland (geb. 1787, gest. 1862). 
Die dem Gedichte zu Grunde liegende Sage gehört zum Kreise der Karls-Sagen. Es wird in der 
Sage angenommen, daß die Verbindung Berthas mit Milan heimlich geschehen, daß Karl darüber er- 
grimmt gewesen und seine Schwester verstoßen, daß Milan endlich seinen Tod in den Wellen gefunden. 
Götzingec sagt: „Für diejenigen, welchen dieser ganze Sagenkreis unbekannt ist, setze ich hinzu, daß Der- 
tha, die Schwester Karl's, eine ganz unhistorische Person ist, indem wenigstens Egrnhard in seinem Leben 
Karl's des Großen derselben gar nicht erwähnt." 
9. Roland Schildträger. 
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Der König Karl saß einst zu Tisch 
Zu Aachen mit den Fürsten; 
Man stellte Wildpret auf und Fisch 
Und ließ auch keinen dürsten. 
Viel Goldgeschirr voll klarem Schein, 
Manch rothen, grünen Edelstein 
Sah man im Saale leuchten. 
Da sprach Herr Karl, der starke 
Held: 
„Was soll der eitle Schimmer? 
Das beste Kleinod dieser Welt, 
Das fehlet uns noch immer. 
Dies Kleinod, hell wie Sonnenschein, 
Ein Riese trägt's im Schilde sein, 
Tief im Ardennerwalde." 
Gras Richard, Erzbischof Turpin, 
Herr Haimon, Naims von Bayern, 
Milon von Anglant, Gras Garin, 
Die wollten da nicht feiern, 
Sie haben Stahlgewand begehrt 
Und hießen satteln ihre Pferd', 
Zu reiten nach dem Riesen. 
Jung Roland, Sohn des Milon, 
sprach: 
„Lieb' Vater! hört, ich bitte! 
Vermeint ihr mich zu jung und schwach, 
Daß ich mit Riesen stritte, 
Doch bin ich nicht zu winzig mehr, 
Euch nachzutragen euern Speer, 
Sammt euerm guten Schilde." 
Die sechs Genossen ritten bald 
Vereint nach den Ardennen; 
Doch als sie kamen in den Wald, 
Da thäten sie sich trennen; 
Roland ritt hinter'm Vater her; 
Wiewohl ihm war, des Helden Speer, 
Des Helden Schild zu tragen! 
Bei Sonnenschein und Mondenlicht 
Streiften die kühnen Degen; 
Doch fanden sie den Riesen nicht 
In Felsen und Gehegen. 
Zur Mittagsstund' am vierten Tag 
Der Herzog Milon schlafen lag 
In einer Eiche Schatten. 
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Roland sah in der Ferne bald 
Ein Blitzen und ein Leuchten, 
Davon die Strahlen in dem Wald 
Die Hirsch' und Reh' aufscheuchten; 
Er sah, es kam von einem Schild, 
Den trug ein Riese Awß und wild, 
Vom Berge niedersteigend. 
Roland gedacht' im Herzen sein: 
„Was ist das für ein Schrecken! 
Soll ich den lieben Vater mein 
Im besten Schlaf erwecken? 
Es wachet ja sein gutes Pferd, 
Es wacht sein Speer, sein Schild 
und Schwert, 
Es wacht Roland, der junge." 
Roland das Schwert zur Seite band, 
Herrn Milons starke Waffen, 
Die Lanze nahm er in die Hand 
Und that den Schild auftaffen. 
Herrn Milons Roß bestieg er dann 
Und ritt ganz sachte durch den Tann, 
Den Vater nicht zu wecken. 
Und als er kam zur Felsenwand, 
Da sprach der Ries' mit Lachen: 
„Was will doch dieser kleine Fant 
Auf solchem Roste machen? 
Sein Schwert ist zwier so lang als er, 
Vom Roste zieht ihn schier der Speer, 
Der Schild will ihn erdrücken." 
Jung Roland rief: „Wohlauf zum 
Streit: 
Dich reuet noch dein Necken. 
Hab' ich dieTartsche lang und breit, 
Kann ich mich besser decken; 
Ein kleiner Mann, ein großes Pferd, 
Ein kurzer Arm, ein langes Schwert, 
Muß eins dem andern helfen." 
Der Riese mit der Stange schlug 
Auslangend in die Weite; 
Jung Roland schwenkte schnell genug 
Sein Roß noch auf die Seite? 
Die Lanz' er auf den Riesen schwang; 
Doch von dem Wunderschilde sprang 
Auf Roland sie zurücke.
	        
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