Full text: Grundriß der Weltgeschichte

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Als LudwigXIII. starb, war sein Sohn LlldWigXIV. (1643—1715) 
erst 5 Jahre alt. Seine Mutter, Anna von Oesterreich, führte 
die Regierung. Ihr zur Seite stand als Minister der Cardinal Ma* 
zarin, der nach Richelieu's Beispiel für die Erhöhung der königlichen 
Macht thätig war. Er war es, welcher durch den Abschluß des west- 
phälischeu Friedens dem französischen Reiche jene Erwerbungen am 
Rhein verschaffte. Als er starb (1661), nahm Ludwig die Regierung 
selbst in die Hand und räumte fortan seinen Ministern nur einen 
untergeordneten Einfluß ein. Er vollendete das, was die beiden Mi¬ 
nistercardinäle angestrebt hatten, nämlich die Vereinigung aller Macht 
in Frankreich in der Hand des Königs. In der unbegrenzten Will¬ 
kürherrschaft Ludwigs, der alle Rechte des Volkes mit Füßen trat und 
den Ausspruch thun konnte: „Der Staat bin Ich!" erblickte man das 
Muster vollendeter Regierungskunst. Die Pracht und Ueppigkeit am 
Hofe vou Versailles, die dort zum guten Ton gehörige Ueberfei- 
neruug und Unsittlichkeit wurde in den meisten Residenzen getreulich 
nachgeahmt. Wie der Herrscher Frankreichs, so wollte jeder kleine 
deutsche Fürst sein Versailles, seine rauschenden Feste, seine glänzenden 
Schauspiele, seine großeu Hetzjagden, seine theuren Kunstsammlungen, 
seine kostspieligen Liebhabereien haben, und der Schweiß der Armen 
wurde in wilder Festlust verjubelt oder floß in die Taschen schlamr 
Güustliuge und sittenloser Weiber. Uud während man sich knechtisch 
der französischen Mode beugte, hatte man vollauf zu thun, um deu 
räuberischen Nachbar, der weder Gesetze noch Verträge achtete, von 
den Grenzen abzuhalten. Deutschlands Ohnmacht war zu offenkundig 
zu Tage getreten, als daß Ludwig XIV. nicht hätte versuchen sollen, 
seine Macht auf Kosten desselben zu erweitern. Obgleich er nun bei 
seiner Heirath mit der Tochter des spanischen Königs Philipp IV. auf 
jede Erbfolge in den Ländern der fpauifchen Monarchie verzichtet hatte, 
so machte er doch nach Philipps Tode (1665) Anspruch auf Theile 
der spanischen Niederlande (Belgiens) und begann deßwegen den 
sogenannten Devolutionskrieg (1667 — 1668) gegen die unter der 
schwachen Regierung Karls II. von Spanien wehrlos darliegenden 
Niederlande. Ein französisches Heer uuter dem Marschall Turenne 
besetzte Burgund und drang in Flandern ein. Jedoch ein Bündniß 
zwischen Holland, England und Schweden zwang Ludwig XIV. zum 
Frieden von Aachen, in welchem er einen Theil seines Raubes 
mußte fahren lassen. Frankreich hatte indessen wieder Land gewonnen.—
	        
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