Full text: Geschichte der Reformation

der päpstlichen Macht. 
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gehöre dazu eine geistliche Monarchie mit einem sichtbaren 
Oberhaupte als Stellvertreter des unsichtbaren. Der römi¬ 
sche Vischoff mit seinen vermeinten Vorrechten und Vorzügen 
machte schon in den ersten Jahrhunderten vorbereitende An- 
sprüche darauf; einige Bischöffe, welche auch blindgläubig 
oder weil sie dabei zu gewinnen hofften, jene Voraussetzungen 
vertheidigten, halfen der Herrschsucht noch mehr empor; 
aber es fehlte auch nicht au dem lebhaftesten Widerspruche; 
und wenn man auch Rom ein großes Ansehen zugestand, so 
war man doch weit entfernt, seinem Bischöffe ein gebieteri¬ 
sches lind obcrrichterliches Amt beizulegen. Es war natür¬ 
lich, daß zu den Bischöffen in den wichtigsten Städten, in 
Rom, Antiochien, Alexandrien und Constantinopel ausge¬ 
zeichnete Männer gewählt wurden, die man daher auch wohl 
ehrerbietig Patriarchen (Erzvater) nannte; daß die Heiticm 
Gemeinen sich mit ihren Lehrern unter ihren Schutz begaben, 
sich von ihnen, den Erfahrneru, berathen und leiten ließen, 
und das konnte nur wohlthatig seyn, so lange die Bischöffe 
das Paulinische: Wir sind nicht Herren eures Glaubens, 
sondern theilnehmende Gchülfen eurer Freude, anerkannten. 
Aber was anfangs freiwillig geschähe, wurde gar bald als 
ein Recht verlangt, und unbedingte Unterwürfigkeit und 
blinder Gehorsam gefordert. Dem Bischöffe von Rom wurde 
sein Emporstreben noch besonders erleichtert. Der Name 
dieser glänzenden Hauptstadt des Abendlandes gab ihm schon 
einen hohen Rang, und als er sie vollends allein besaß, nach¬ 
dem die Kaiser in Constantinopel residirten und nur einen 
Statthalter in Rom hatten, als diesem abendländischen 
Reiche um das Jahr 476 von deutschen Völkern eine Ende 
gemacht wurde und der Kaiser hier gar wenig galt und thun 
konnte? als diese rohen Deutschen Christen nun bei ihrer Un¬ 
wissenheit zugleich Verehrer der Päpste wurden: da zeigte sich 
der Widerstand der morgenländischen Bischöffe, die ohnehin 
von der Nähe des Kaisers beschränkt wurden, immer schwä¬ 
cher ; Rom stieg immer höher, bis zum Primat oder der ersten 
Stufe des bischöfflichen Ranges. Um das Jahr y5o hatte das 
fränkische Reich in Deutschland sehr schwache Fürsten; ein äuge-
	        
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