Full text: Lehrbuch der Geschichte des preußischen Staates für Schulen und den Selbstunterricht

Bildung und tiefen Kenntniß von den Verhältnissen 
der eignen wie der fremden Staaten, angewiesen durch 
seine Körperschwache auf eine Bahn anderes Ruhmes 
als dessen, der auf den Schlachtfeldern erworben 
wird, — mußte nothwendkg sein ganzes Denken sich 
auf Losung der Frage richten: was erlaubt die 
Richtung der Zeit und der Zustand des Lan- 
des, was fordert die Stellung der bran¬ 
denburg-preußischen Staaten zur Vollen¬ 
dung des glorreich begonnenen Werks der 
Selbstständigkeit? Da konnte es denn wohl dem 
fähigen und seinem Gegenstände gewachsenen Denker 
nicht anders als klar werden, daß ein durch Glauben 
und Glanz gleich starkes Band fehle, um die vom 
Rhein bis zum Niemen zerstreuten Ländertheile zu¬ 
sammenzuhalten; — daß ein solches Band die Kö¬ 
nigskrone sei, der heilige Reif, das Sinnbild des 
Ewigen, Einen, Unzertrennlichen; — daß 
sein großer Vater durch hohes Ansehn im In- und 
Auslände den Vorschritt zur Krone wie zur Königs- 
gewalt vorbereitet, die Provinzen durch weisenStaats- 
haushalt zur Ertragung der nothwendkg großen Opfer 
tüchtig gemacht, dem Heer endlich eine Ausbildung, 
ein Selbstvertrauen und einen Ruf geschaffen habe, mit¬ 
telst dessen es fähig sei, als feste Stütze dem auf Recht 
und Weisheit gegründeten Throne zu dienen. Einen 
solchen Thron zu erbauen, seinem Hause die Königs- 
krone zu gewinnen und »n derselben seinen Nachfol¬ 
gern einen Sporn zur Befestigung dieser neuen Würde 
im europäischen Staatensysteme durch alle zeitgemäßen 
und fürstlichen Mittel, lag ihm als Aufgabe seines 
Regentenlebens vor. Er hätte kein Hohenzollern 
sein müssen, um dieselbe mit minderer Beharrlichkeit 
zu lösen, ^ls er es gethan hat. Daraus, daß dieser 
Vorsatz ihn ausschließlich erfüllte, läßt sich Alles er¬ 
klären, was er, von seinem Regierungsantritt an, 
that, übersah, duldete und unterließ; selbst die Feh¬ 
ler seiner Regierung finden so, wenn auch nicht ihre 
Rechtfertigung, doch ihre Entschuldigung, und nie 
darf es die Geschichte mit Fug tadeln, daß Fried¬ 
rich , im steten Vorschreitcn gegen das hohe Ziel 
seines Lebens, die Opfer nicht achtete, welche er von
	        
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