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Geschichte der Hellenen.
am delphischen Tempel stritten. Die ersteren suchten und fanden eine Stütze
in Sparta, die anderen in Athen. Sparta brannte darauf, die von ihm nicht
anerkannten Eroberungen Athens in Mittelgriechenland wieder rückgängig zu
machen: durch sein Jnterventionsheer wurden die Delphier in den Alleinbesitz
des Tempels eingesetzt. Nach Abzug der Spartiateu übergab ein unter Perikles'
Führung heranziehendes Jnterventionsheer das delphische Heiligtum wiederum
deu Phokieru. Sparta bemühte sich nun mit Erfolg, die den Athenern seit
Önophytä unterworfenen Landschaften aufzuwiegeln. In Böotien kam es zu
einem Einfall der verbannten Oligarchen und, infolge davon, zu einer all¬
gemeinen Schilderhebuug, der sich die Emigrierten Euböas und die Lokrer
anschlossen. Gegen des Perikles Warnungen wagte Tolmides mit unfertigem
Heere fast tollkühu die Schlacht bei Koronea (Herbst 447) uud wurde besiegt.
Unaufhaltsam entwickelten sich die Wirkungen dieser Niederlage: Böotien
mußte geräumt werden; und damit war denn auch Lokris preisgegeben und
Phokis geopfert; hierauf fielen auch unzufriedene Bnndesgenoffer ab, Euböa,
sogar Megara. Dann nahte (Sommer 446) ein großes peloponnesisches Heer;
Perikles wandte diese Gefahr dnrch Bestechung und geschickte Verhandlungen
ab. Auch gelang ihm die Wiederunterwerfung Euböas. Allein der Ansatz
festländischer Macht und Hegemonie blieb dennoch gebrochen.
Nicht mit Unrecht schrieb Perikles das Unheil großenteils den inneren
Lähmungen durch die Fusion zu. Er war daher entschlossen, sich nun vor
allem und ein- für allemal dieser innern Fessel zu entledigen. Daher betrieb
er mit Eifer die Friedensunterhandlungen mit Sparta, welche noch 446 zum
Abschluß eines dreißigjährigen Waffenstillstandes führten: Athen verzichtete
aus alles Verlorene, aber dafür rang Perikles den Spartiaten zwei sehr
wichtige Bestimmungen ab: fortan solle es allen griechischen Staaten, die weder
in dem peloponnefischen noch in dem delischen Buude inbegriffen seien, freistehen,
sich nach Gefallen einem der beiden Teile anzuschließen; im Falle von Streitig¬
keiten solle nicht an die Waffengewalt, sondern an eine schiedsrichterliche Ent¬
scheidung appelliert werden. So sonnte denn Perikles hoffen, auf friedsame
Weise das Verlorene wiederzugewinnen, und noch vieles andere dazu; zugleich
aber, die hellenische Welt mehr uud mehr von den leichtsinnig angesponnenen
Kriegen zu entwöhnen, wodurch sie sich unter einander selbst zur Schadenfreude
der Barbaren zerfleischten.
Nunmehr schritt Perikles im Innern ungesäumt zu einer Kündigung
höheres ‘)er Fusion. Der Parteigegensatz hatte nachgerade wieder eine Schärfe an-
Perikles genommen, die ein Zusammenwirken nicht mehr möglich machte. Das Scherben-
(444)’ gericht (444) entschied für Perikles; fein Hauptgegner, Thukydides der ältere,
wurde verbauut. Seitdem stand Perikles im Staate fast auf der Höhe der
Alleinherrschaft. Mit dem Einfluß der Rede verband er nunmehr unausgesetzt