Full text: Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes

377 
allen Frieden unbekümmert, im Bunde mit Frankreich den Krieg nach seiner räu¬ 
berischen Weise weiter spielte. Der Kaiser zog über Augsburg, wo er freilich Mo- 
rizens Aenderungen, doch mit Mäßigung, abstellte, gegen Frankreich; Johann Fried¬ 
rich, vor Augsburg ganz entlassen, heim nach Weimar, mit Jubel überall als ein 
Märtyrer der Wahrheit empfangen, so daß er mit Thränen sagte: „Ich bin ein 
armer Sünder, wie darf mir solche Ehre wiederfahren!" — Nach vielen Neckereien 
wurde auch Landgraf Philipp aus den Niederlanden heim entlassen und mit glei¬ 
chem Jubel empfangen. Sein Leiden hatte ihm das Haar gebleicht, doch nicht den 
Muth gebrochen. Weimar und Cassel waren damals wohl die frohesten Städte 
Deutschlands. Doch haben beide Dulder Gott die Ehre gegeben; und Philipp 
knieete während Predigt und Tedeum zwei Stunden lang am Grabe seiner Christin«, 
die er nicht wieder fand, weil nach zwei Fußfällen vor dem Kaiser Gram und Krank¬ 
heit sie aufgezehrt hatten. 
Die Befreiten und ihren Befreier hat der Kaiser nie wiedcrgesehcn. Moriz, 
der Jüngste von Allen, trat zuerst vom Schauplatz ab. Während der Kaiser vor 
Metz sich vergeblich abmühete und dann mißmuthig nach Brüssel ging, war zwar 
Albrccht von Brandenburg, der wüste Rauf-und Trunkenbold, der schon in seiner 
Jugend seinen Hofmeister zu todt getrunken hatte, aus französischem in kaiserlichen 
Dienst getreten, hatte aber dennoch im Rhein - und Frankenlandc so toll umhcrge- 
wüthet, daß mehrere Verbindungen gegen ihn geschlossen wurden. Moriz, von sei¬ 
ner Türkenfahrt schon im Dec. 1552 zurück, hatte an einer derselben zu Egcr zwi¬ 
schen den Bischöfen von Wirzburg und Bamberg, der Reichsstadt Nürnberg, Fer¬ 
dinand von Böhmen und Heinrich von Braunschweig Thcil genommen. Nach meh¬ 
ren Gefechten kam es am 9. Juli 1553 bei Sievcrshausen, im lüncburgischen Amt 
Peine, zu einer blutigen Schlacht, in welcher der Markgraf zwar geschlagen, aber 
der tapfere Herzog Moriz, der Feldherr und Soldat zugleich im Kanipfc war, 
vielleicht von einem jungen, von ihm beleidigten Edclmanne (von Karas) aus sci- 
nem Gefolge einen tödtlichen Schuß durch das Rückenstück des Panzers bekam (die 
Kugel soll sogar mit Speck umwickelt gewesen sein) und zwei Tage darauf ver¬ 
starb *). So trat dieser merkwürdige Fürst im 33sten Jahre nach einem höchst thä- 
tigcn Leben von der Bühne, der bei aller unleugbaren Zweideutigkeit seiner früheren 
Handlungen unter den großen Fürsten und unter den Säulen der Reformation so lange 
mit Achtung genannt werden wird und muß, als der Kirchcnvcrbcsserung selbst ihre 
welthistorische Wichtigkeit nicht abgcsprochcn wird. Sein Bruder und Nachfolger 
August hat in friedlicheren Tagen in einem milderen Lichte geglänzt. (Nach zwei 
Monden wurde Albrecht noch einmal bei Braunschweig geschlagen, tobte aber den¬ 
noch fort fer ließ brennen und sengen, „daß die Kinder im Mutterleibe die Füße 
an sich ziehen sollten"^, verlor fast sein ganz eigenes Land und starb endlich, der 
Alcibiades, geächtet, kinderlos, flüchtig, zu Pforzheim bei seinem Schwager, dem 
Markgrafen von Baden, 8. Jan. 1557 , dem zu Liebe der katholisch Gewordene das 
Abendmahl wieder auf protestantische Weise genommen und dabei gesagt hatte: 
„Gott sei Dank, daß ich es auch einmal zum Communiciren gebracht habe!" —) 
*) S. des Verfassers beschichte des KurstaatcS und Königreiches Sachsen, t. l. Beilage.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.