Tod des Gerinamcus.
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ftalt und Rede gleich ehrwürdig, wußte er die Größe und das Ueber-
gewicht des höchsten Ranges zu behaupten, Neid und Anmaßung zu
vermeiden.
Sein Leichenbegängniß, ohne Ahnenbilder und Gepränge, war feier¬
lich durch Lobeserhebungen und das Andenken seiner Tugenden. —>
Manche verglichen ihn nach Körperwuchs, Alter, Todeöart, zum
Theil wegen der Nähe des Orts, wo er starb, mit Alexander dem
Großen und seinem Schicksal. Denn Beide, von schönem Körperbau,
von hoher Abstammung, nicht viel über dreißig Jahre alt, seien durch
Hinterlist der Ihrigen in fremdem Lande umgekommen; allein Dieser,
liebreich gegen Freunde, mäßig in Genüssen, habe mit Einer Gattin
bei rechtmäßigen Kindern gelebt; auch als Kriegsmann sei er nicht
geringer, wiewohl nicht tollkühn, wie Jener, gewesen; und daß er
das durch so viele Siege geschwächte Germanien nicht völlig unter¬
worfen habe, sei Anderer Schuld. Wäre er Alleinherrscher gewesen,
mit königlichem Titel und Vorrecht, er hätte um so schneller kriegeri¬
schen Ruhm erlangt, als er an Leutseligkeit, Mäßigung und cinfem
schönen Eigenschaften über Jenen hervorgeragt habe. Ehe sein Leich¬
nam verbrannt wurde, ward er auf dem Forum zu Antiochia, dem
erwählten Bestattungsorte, entblößt ausgestellt. Ob er Spuren des
Giftes an sich getragen, ist nicht ansgemittelt, denn so wie Einer
mehr zum Mitleide gegen Germanicns und zu vorgefaßtem Argwohn
oder zu Begünstigung Piso's sich hinneigte, legte man es ans ver¬
schiedene Weise aus.
Agrippina inzwischen, wiewohl von Trauer erschöpft und körperlich
krank, doch ungeduldig jeder Verzögerung der Rache, geht mit des
Germanienö Asche und ihren Kindern zu Schiffe, unter allgemeinem
Wehklagen, daß eine Frau vom ersten Range, noch kürzlich durch die
schönste Verbindung beglückt, gewohnt, stch verehrt und angebetet zu
sehen, nun Leichenreste am Busen trage, unsicher der Rache, bange
für ihre Person, und durch unselige Fruchtbarkeit dem Schicksal so
Dielfach bloßgestellt. Inzwischen erreicht den Piso bei der Insel Cos
die Botschaft, Germanicns sei gestorben. Außer sich vor Vergnügen
ob der Nachricht schlachtet er Opferthiere, besucht die Tempel. Er
weiß sich in der Freude nicht zu mäßigen, aber noch unbändiger be¬
nimmt sich Plancina, welche die Trauer über eine verstorbene Schwester
nun erst mit heiterem Gewände vertauscht.
Als zu Rom des Germanicuö Krankheit ruchbar und ans der
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