144 
aus ihrem Munde war eine Belohnung. Im Lager herrschte 
Ueberfluß; Freude und Hoffnung belebte alle Herzen; in 
der Stadt dagegen verbreitete die Furcht vor Hungersnoth 
und das Ausbleiben aller Hülfe allgemeine Bestürzung. 
Umsonst machte die Besatzung einen wüthendcn Ausfall nach 
dem andern; sie wurde immer zurückgeschlagen, die Stadt 
immer enger eingeschlossen. Neue Hoffnung schöpfte sie, 
als einst Feuer in den Zelten der Christen auskam und 
das halbe Lager ein Raub der Flammen wurde. Allein 
Ferdinand ließ jetzt statt Zelten Hauser bauen, und bald 
wuchs eine ansehnliche Stadt aus der Erde hervor. 
Als endlich die Belagerung neun Monate gedauert 
hatte, und keine Hülfe aus Afrika herüberkam, hielten die 
Belagerten ihren Zustand für rettungslos, und ließen sich be¬ 
reden, sich zu ergeben. Sie mußten Ferdinand für ihren 
König erkennen und alle gefangenen Christen ausliefern. 
Dagegen sollten sie nach ihren Gesetzen und Gewohnheiten 
regiert werden, alle ihre Güter und die Hälfte ihrer Moscheen 
behalten und freie Religionsübung haben. — So glaub¬ 
ten die Granadier nichts als einen Theil ihrer Gotteshäuser 
und ihren König Boabdil zu verlieren, den sie nicht 
achteten. Er beweinte wie ein.Weib einen Thron, den er 
nicht als Mann zu vertheidigen wußte. 
Die Stadt wurde nun feierlich an das christliche Heer 
übergeben und am 2. Januar 1492 hielten Ferdinand 
und I sab ella mit großer Pracht ihren Einzug unter dem 
Donner des Geschützes. Die Straßen aber waren öde und 
verlassen; alle Bewohner hatten sich in die Hauser zurück¬ 
gezogen, um ihren Schmerz, ihre Thränen vor den Augen 
der Sieger zu verbergen. 
Der Siegeszug ging nach der großen Moschee, die 
schnell in eine Kirche umgeschaffen worden-war, um Gott 
ein Dankopfer zu bringen. Indessen pflanzte der neue
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.