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Sein Tod wurde von ganz Europa betrauert. Man
verehrte allgemein in dem sonderbaren Manne einen Schrift¬
steller, der die seltsamsten Meinungen mit glühender Be-
rcdtsamkeit zu vertheidigen wußte, Meistens schienen diese
Meinungen aber nur deswegen seltsam, weil sie den gang¬
baren Ideen, den Vorurtheilen, Sitten und Gebrauchen
unserer Lander und unserer Zeiten widersprachen und den
Menschen aus die Wege der Natur zurückführten.
Um die Erziehung machte sich Rousseau durch sei¬
nen Emil sehr verdient; er selbst aber schickte, um sich
der Mühe der Erziehung zu überhebcn, alle seine Kinder
in das Findelhaus. Nie konnte er sich in die Menschen
schicken, wie sie wirklich sind. Er haßte ihr gleißnerisches,
unnatürliches Wesen, die in dem gesellschaftlichen Leben
zum guten Ton gewordene Heuchelei, den Uebermuth der
Großen, und lebte ganz in einer Welt, die er sich selbst
geschaffen hatte. Er nahm die Ueberzeugung mit sich in
das Grab, daß Alles um den Menschen besser stehen würde,
wenn derselbe im Stande der Natur geblieben wäre, So¬
gar schien er zu glauben, der Mensch sey, eben so wie
andere Saugethiere, geschaffen, auf allen Vieren zu gehen.
Voltaire, der Aergerniß an dieser Behauptung nahm,
lud ihn daher einmal ein, ihn zu besuchen und Gras auf
seinen Wiesen zu fressen, und in einem Schauspiel, die
Philosophen betitelt, ließ man ihn auf Händen und
Füßen laufend auf der Bühne erscheinen.
53* Rafael Mengö.
(Gest. 1779.)
Rafael Mengs, der größte unter allen deutschen
Malern, war zu Dresden im Jahr 1728 geboren. Sein