Full text: Lehrbuch der Geschichte der Römer (Teil 2)

III § 90. Die christliche Litteratur des Altertums. 169 
Banner der stoischen Philosophie und zugleich ein Schmeichler des kaiserlichen .Hofes. 
Seine moralischen Zwecke waren vortrefflich, aber er wollte sie durch Klugheit erreichen 
und geriet dadurch in seinen Handlungen wie in seinen Schriften mit sich selbst m Wider¬ 
spruch. Seine Werke haben aber auf wahrhaft edle Naturen stets euren wohlthätigen 
Einfluß geübt, denn er ist hinreißend, wenn sein Herz spricht. (gptftet, im 
Sklavenstand geboren und unter Nero freigelassen, retmgte den StEsmus^on seinen 
Schlacken — Auch der Epikureismus fand viele Anhänger trt Nom. Damals 
kam auch der Skepticismus oder die Bestreitung alles menschlichen Wissens und 
Glaubens auf. Der bedeutendste Anhänger und Verteidiger dieser Lehre war S ext ns 
Ernvirikus — Der Philosoph, Lehrer der Beredsamkeit und Staatsmann Lon- 
arnus, f § 65, welcher lange in Athen lebte und lehrte, hat uns eme ausgezeichnete 
Schrift über das Erhabene hinterlassen. 
Im Anfang der Kaiserzeit entstand eme neue Art Philosophie, die Neu- 
Platonische. Man verband nämlich die Mythen des Heidentums den herrschenden 
Aberglauben und den orientalischen Tiefsinn und Wunderglauben nut platonischen 
Philosophie. Der berühmteste Nenplatomker war Plotrnus, m Ägypten geb., starb 205 
in Carnpanien. Er spielte 25 Jahre lang in Rom die Rolle eines Propheten. Die 270 
ächte Weisheit und Seligkeit besteht nach ihm nur m der völligen^fwnung oort der v.Chr. 
Sinnenwelt, dem Leben und den Menschen, tm Versinken m sich selbst und m den 
Vorstellungen vom Höheren. Diese Lehre war dem bald nachher auftretenden christ¬ 
lichen Mönchswesen sehr günstig. - Porphyrrus, der Schüler des Plotmus ver¬ 
breitete seine Lehre im Abendland. Die Nen-Platomsche Philosophie erhielt bald 
das Übergewicht in den heidnischen Lehranstalten und übte spater entert großen 
Einfluß aus das Christentum aus. 
8 IM). 
Die christliche Litteratur des Altertums. 
Die Männer, welche dnrch mündliche Borträge und dnrch Schrikten die Lehren 
der Kirche verteidigten oder begründeten, nennt man Kirchenvater, ^ r älteste 
dieser Schriftsteller ist Justinus der Märtyrer, welcher zu Marc Anre^ Zeit 
(166 n. Chr.» den Märtyrer-Tod starb und deshalb den Semamen erhielt Meter e 
Kirchenväter waren: Clemens, t 217; Origenes, ^ 254 - Cyprranus, Bischof 
von Karthago; Eusebius, Bischof von Cäfarea s 340 Schöpfer der^christlichen 
Geschichtschreibung; er schrieb unter anderem eme Chromk der Weltgeschichte und eme 
Geschichte der christlichen Kirche bis zum Jahre 324; der heilige Chryso^tomos, 
Bischof von Constantinopel t 407; Basilius, der Große, t 379; Gregorrus von 
Nazianz t 399, schrieb auch ein Drama, welches den leidenden Christus darstellt 
und das Muster der christlichen Kirchen- und Schulschauspiele des Mittelalters ge¬ 
worden ist. — Die bedeutendsten lateinischen Kirchenväter waren Tertullran, Pres¬ 
byter der Kirche zu Karthago, f 220; Hieronymus, (331-420), dessen lateinische 
Übersetzung der Bibel aus dem hebräischen und griechischen Urtexte unter dem Warnen 
Vulgata kirchliche Geltung erlangte; vor allen aber der heilige AmbronuS 
- und der heilige Augustinus. Sie schufen für die lateinische Bevölkerung des 
römischen Reiches eine christliche Wissenschaft und Weltansicht, die sich nachher 
das ganze Mittelalter hindurch erhielt Ambrosius, ans edlem römischen Geschleckte, 
ward 374 Bischof von Mailand, s. § 68. Er war klassisch gebildet, der Beredsamkeit 
mächtig und von den Lehren, die er vortrug, tief durchdrungen. Ambrosius führte 
auch zuerst den allgemeinen Kirchengesang im Abendlande ein und verfaßte selbst 
Kirchenlieder. — Noch einflußreicher waren die Schriften des AuguMnus. Diese 
bildeten Jahrhunderte lang die Hauptquelle der christlichen Philosophie Md Theologie 
und haben auf die allgemeine Litteratur und sogar auf die politische Geschichte der 
neueren Völker den mächtigsten Einfluß ausgeübt. Augustinus war m der Provinz 
Afrika geboren und von feiner Mutter Moni ca in frommen Grundsätzen erzogen, 656— 
er eignete sich aber auch die heidnische Bilöung an. Nachdem er eine Zeit lang m 4dU 
Rom gelebt hatte, ging er in Mailand von seinem seitherigen leichtsinnigen teben 
zu strenger Sittlichkeit über und nahm den Athanasianischen Glauben an. Er erklärte 
die Lehre von der Prädestination oder Gnadenwahl, d. h. die unabänderliche 
Vorherbestimmung des Menschen zur Seligkeit oder zur Verdammnis für den Haupt¬ 
satz des christlichen Glaubens. Seine Hauptwerke sind: der Staat Gottes, die 
Selbstbekenntnisse, Selbstgespräche und die Schrift von der wahren 
Religion. Er ward 395 Bischof von Hippo in Afrika.
	        
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