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Kaiser Joseph II. 
Fremden, riß die höheren Stande noch tiefer in dieses Ne¬ 
bel der Zeit hinein, so wie seine Regierungsweise den an¬ 
dern Herrschern zum Vorbilde geworden war. Mehrere 
derselben wollten, gleich ihm, durchaus selbst regieren, ohne 
seines Geistes Ueberlegenhcit zu besitzen, und scheiterten, 
bei übrigens gutem Willen, in ihrer Bahn. Zu diesen ge¬ 
hören vorzüglich: Peter IN. von Rußland, Gustav lkl. 
von Schweden, und Kaiser Joseph 1!. 
59. Kaiser Joseph II. 
1765 — 1790. 
Er folgte seinem Vater Franz I., von welchem als Kaiser 
wenig zu erwähnen gewesen ist. Der Sohn brannte von desto 
heißerer Begierde, große Veränderungen hervorzubringen. 
Altes in Neues umzugestalten, und die ausgezeichnete Kraft, 
die er von der Natur empfangen hatte, zur Umwandlung 
seiner Länder anzuwendcn. Und dabei gedachte er eben so, 
wie Friedrich II., selbstständig und freithärig zn Werke zu 
gehen. Allein so lange seine Mutter Maria Theresia lebte, 
bis zn dem Jahre 1780, war er durch ihren Willen vielfach 
gebunden; die kluge immer thätige Fürstin konnte ohne 
Dheilnahme an der Regierung nicht leben , und die kindliche 
Pflicht gebot dem Sohne, ihren Willen vor dem Scinigen 
gelten zu lassen. In die Zeit bis zu dem genannten Jahre 
fallen noch einige Begebenheiten, welche auf die Entwicke¬ 
lung der letzten Jahrzchcnde von großer Wichtigkeit gewe¬ 
sen sind. 
Die erste Theilung Polens. 1773. — Im Jahr 1765 
war August UI. gestorben, und hatte nur einen minderjäh¬ 
rigen Enkel hinterlassen; der polnische Thron, den das 
sächsische Haus 66 Jahre besessen hatte, ging ihm jetzt ver¬ 
loren. Rußland und Preußen mischten sich in die Angele¬ 
genheiten der Polen, weil dieses, ehemals starke und ge¬ 
fürchtete Volk durch eigene Zwietracht schwach gewordcnwar 
und sich selbst nicht zu helfen wußte. Beide Mächte forderten, 
daß ein geborner Pole zum Könige gewählt, werde, und 
zehntausend Russen, die plötzlich gegen Warschau heranrückteir 
und eben so viele Preußen, die sich an der Gränze sammel¬ 
ten, bewirkten, daß Stanislaus P 0 ni ato w s k y auf 
den Thron gesetzt wurde. Von da an war kein Reichstag, 
auf welchem nicht die Fremden ihren Einfluß übten. 
Bald nach dieser Zeit entstand ein Krieg dcr Russen ge¬ 
gen die Türken, worin jene die Moldau und Wallachei er¬ 
oberten, und diese Länder behalten zu wollen schienen. Das
	        
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