Kaiser Karl V. 
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man für schwach und untergeordnet gehalten hatte, 
erschien mit dein edelsten Anstande und herrlicher 
Kraft; und auf seinem Schilde las man das ein¬ 
zige Wort: Nonduni („noch nicht!"). Die, 
welche seinen Sinn faßten, erwarteten mit Ver¬ 
langen den Augenblick, da er es an der Zeit hal¬ 
ten würde, selbstständig hervorzutreten. 
Er kam. Seine Wahl zum Kaiser in Teutsch- 
land war geschehen, und er sollte sich rasch ent¬ 
scheiden, ob er Spanien jetzt verlassen und indem 
neuen Reiche die Zügel ergreifen wolle. Bei der 
großen Nachricht blieb der zwanzigjährige Jüng¬ 
ling unverändert. „Unser König, der jetzt Kaiser 
ist," so erzählt ein Augenzeuge, „schien das Größte, 
was das Glück gewähren kann, für nichts zu ach¬ 
ten; seine Gemuthsgröße und sein Ernst sind so 
außerordentlich, daß er das Ansehn hat, als habe 
er den Erdball unter seinen Füßen." — Der Ent¬ 
schluß , den er fassen sollte, wäre für einen ge¬ 
wöhnlichen Geist sehr schwer gewesen. Spanien 
war in großer Gahrung und fast schon in vollen 
Flammen , denn gewaltige Kräfte standen hier 
feindlich gegen einander: die königliche Gewalt, 
ein mächtiger Adel, und .reiche und stolz» Städte. 
In Teiitschland aber wartete seiner ein noch unruhi¬ 
ges, verworrenes Reich,, und vor Allem der große 
Kampf des Zeitalters über die Glaubenstrennung, 
welcher eben begonnen hatte, und auf den schon 
Aller Augen gerichtet waren. Die Spanier selbst 
waren mißvergnügt über die Kaiserwürde ihres 
Königs; sie fürchteten nun ein Nebenreich unter 
eigenmächtigen Statthaltern zu werden. „Was 
das Kaiserthum wohl - sey , sagten sie, als der 
Schatten eines überaus großen Bau'MkS? Ein 
Sonnenstrahl, der durch das Fenster in das Zim¬ 
mer falle, und das Haus beleuchte? Man solle 
aber nur eine Unze von diesem Lichte mit der 
Hand erfassen, und es aufbewahren; oder sich herr¬ 
liche Kleider dararis machen lassen zur Bedeckung, 
oder nur seinen Tisch damit zurichten." — In so
	        
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