272 Schilderung des Mittelalters.
Grafen, Pfalzgrafen, die ursprünglich als des Königs
Diener bestell! waren. Als es diesen nach und nach
gelang, ihr Amt zu einem Besitze und die verwalte¬
ten Landschaften zu einem Erbe ihres Geschlechtes
zu machen, erlangten sie mit der Landeshoheit auch
die gewöhnliche Gerichtsbarkeit, und sie wurde in
ihrem Namen durch die Landgerichte und Vögte ver¬
waltet. Indeß blieb der Blutbann oder die heimliche
Gerichtsbarkeit noch lange ein kaiserliches Vorrecht,
rrnd an den Hofnchter, der in des Kaisers Namen
sprach und.die Hoheirsrechte wahrte, konnten sich
auch in andern Fallen diejenigen wenden, welche mit
den Aussprüchen der Landgerichte nicht zufrieden
waren.
Dazu waren die Gerichte durchaus öffentlich ; die
Richter, die Schöffen, konnten sich selbst mit den
Umstehenden berathen? denn da das Recht nicht ge¬
schrieben war, so bildete es sich durch Gewohnheit
und Herkommen, aus dem Zustande des Volkes
selbst hervor; es war lebendig und rechtmäßig. Erst
als man, seit Friedrichs I. Zeit, das alte römische
Recht kennen lernte, welches in großen Büchern auf¬
bewahrt war, fing man auch an, teutsche Gesetze zu
sammeln und aufzuschreiben. Die erste Sammlung
dieser Art ist zwischen -2l5 und 18 von einem säch¬
sischen Edtlmanne, Epko oder Eike von Rexgor»
gemacht und unter dem Namen des Sachsenspie¬
gels bekannt; zu den späteren, mit Zusätzen ver¬
mehrten, Bearbeitungen desselben gehört der Schwa-
benspiegel und bas Kaiserrecht, welches letztere
vorzüglich die Lehnsverfassung enthielt.
Außer den oben genannten, gewöhnlichen Ge¬
richten bildete sich, ber dem Ueberhandnehmen der
Gewalt, in Westphalen eine eigene Art derselben,
die man die heimlichen, stillen oder Vehm-
ger ichte, auch Frei- und Stuhlgerichte nannte.
Sie kommen zuerst im dreizehnten Jahrhundert vow. und
dauerten bis in das sechszchnte; ihre Gewalt erstreckte fick)
bald auch über andere Tdeile Teutschlands, ja bis nach
Preußen und Livland. Dortmund war der Sitz deS
Hauptjtuhies dieser Gerichte; in Frankfurthj, Trier und