Das Altertum
I. Die Völker des Morgenlandes.
81. Die Assyrer und Babylonier. Zwischen dem Unter¬
laufe des Euphrat und Tigris liegt das alte Babylonien.
Gegenwärtig eine fast wüstenähnliche Einöde, war das Land
ehedem ein wahrer Garten Gottes. Im Frühling nämlich, wenn
auf den Bergen Armeniens der Schnee schmilzt, treten die beiden
Flüsse aus ihren Ufern und ergießen ihre Fluten weithin über
die dürstende Ebene. Dieser natürlichen Bewässerung nun kam
man im Altertume durch Dämme und zahlreiche Kanäle zu Hilfe,
so daß sich Babylonien einer Fruchtbarkeit erfreute, von welcher
die griechischen Schriftsteller die glänzendsten Schilderungen
machen. Die Datteln wuchsen in wunderbarer Fülle und Schön¬
heit, das Getreide trug zweihundertfältig, in besonders günstigen
Jahren sogar dreihundertfältig, und die Weizen- und Gersten¬
blätter wurden nicht selten vier Finger breit. Weniger fruchtbar
ist das zwischen dem Tigris und dem westlichen Randgebirge
von Iran gelegene ehemalige Assyrien. Doch gedeihen auch
hier Korn und Wein. Feigen, Oliven und Granatäpfel, und als
man vor den Zeiten der Türkenherrschaft noch Fleiß und Sorg¬
falt auf den Anbau verwandte, konnte das Land immerhin für
eins der reicheren gelten.
Babylon oder Babel, die in der Mitte vom Euphrat
durchströmte Hauptstadt Babyloniens, war in einem länglichen
Viereck erbaut und hatte einen Umfang von 480 griechischen
Stadien oder 12 deutschen Meilen. Durch einen tiefen Graben
und eine 30 Meter breite und 120 Meter hohe Mauer ge¬
schützt, vermochte sie mit Leichtigkeit äußeren Angriffen zu trotzen,
zumal sich zwischen den Häusern hinreichendes Garten- und Acker¬
land befand, um bei langen Belageruugen die Einwohner mit
Schmelzer, Abriß. 1