Die Reformation.
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Silber- und Goldadern der Gebirge, die Minen von Zacotecas und
Potosi. Diese Niederlassungen waren allerdings ein Unglück für die
armen Amerikaner wie für die armen Neger, die man aus Afrika
herbeifchleppte. Für die Amerikaner, Indianer genannt, gebot die
spanische Regierung allerdings viel. Sie gebot, sie als freie Men¬
schen anzusehen. Aber zuerst wurden die Gebote von den Spa¬
niern, die sich in Amerika niederließen und die den Namen Creolen
empfingen zum Unterschiede von den Alt-Spaniern, schlecht gehalten,
die Indianer oft wie Sclaven behandelt. Zum Andern sah die
spanische Negierung selbst sich genöthigt, doch einen harten Druck
auf diese Indianer zu legen, weil die Erzeugnisse Amerikas nicht an¬
ders zu gewinnen waren. Sie mußte gestatten, daß für die Ar¬
beiten des Bergbaues und des Landbaues Indianer ausgehoben
wurden, wo sie dann für kümmerlichen Lohn harte Dienste verrichten
mußten (die Mitas). Für die europäische Welt waren diese Nie¬
derlassungen nicht allein wichtig, weil sie im Allgemeinen den Kreis
des Lebens, der Kenntnisse, der Bewegung, erweiterten, sondern
auch zunächst, weil sie Europa in die Bahn hineinwiesen, welche von
nun an besonders gegangen werden sollte. Diese Bahn ist das
Würgerleben und die Gewerbsthatigkeit. Eben dahin wird Europa
auch dadurch gewiesen, daß die Portugiesen, nachdem es von Ca-
bral 1500 wie durch einen Zufall gefunden worden, anfangen, sich
in Brasilien in derselben Weise niederzulassen, wie es von den Spa¬
niern in den übrigen Theilen des südlichen Amerikas geschieht.
Auf dieselbe Bahn des Bürgerlcbens und der Gewerbsthatigkeit ist
Europa auch schon durch die Entdeckung des Seeweges nach Ost¬
indien gewiesen. Denn alle diese Dinge zusammengenommen stei¬
gern den Handel und den Berkehr Europas bedeutend. Leichter
und schneller kommen die Maaren fremder Welten nach Europa,
leichter und schneller werden die Producte Europas abgesetzt, zum
Theil für diesen Absatz ganz neue Raume eröffnet. Wo der Ge¬
winn ist, dahin wendet sich der Mensch gern. Der Gewerbs- und
Erwerbstrieb beherrscht von nun an Europa viel mehr als es früher
der Fall gewesen. Der Reichthum trat zu den Städten. Sie
werden ein weit bedeutenderes Element in dem europäischen Leben,
als sie es früher gewesen sind.
Es strebt aber die europäische Welt, wie am Eingänge be¬
merkt, nicht allein nach einem breiteren Raume für ihre Thätig-
keit, sondern sie strebt auch nach Freiheit. Dieses Streben ist be¬
reits in den Jahrhunderten des Mittelalters vorhanden gewesen.
Matter. Histoire des doctrines morales et politiques des trois derniers
siècles. I — III. 1836.