386 VI. Zeitr. Karl V. bis zum westph. Fried. 1520—1648.
zen Lande umher. Es hieß, der Kaiser führe eine Art schwarz-
brauner, wilder Menschen mit sich, die lange Nägel an den
Händen hätten, mit denen sie die steilsten Mauern hinan klimmen
könnten, und große Zähne, mit denen sie Alles zerrissen. Die
Sagen von den Wundern der neuentdeckten Wclttheile und ihren
wilden Bewohnern gaben solchen Dingen Glauben in einer Zeit,
welche des Außerordentlichen so viel erlebte. Auch bestanden Karls
Haufen meistens aus alten, von Sonne und Luft geschwärzten
Kriegern, welche keine Gefahr scheuten, und bei Erstürmung ei¬
ner Stadt wohl ihre Dolche und Spieße in die Mauern zu sto¬
ßen pflegten, um sich daran emporzuschwingen. Der Schrecken,
der vor ihnen herging, unterwarf schnell das Land und die
Städte, und der Herzog von Eleve mußte selbst knieend um
Gnade bitten. Er erhielt sie unter der Bedingung, daß er nicht
von dem katholischen Glauben weiche, wo er etwas geändert, es
wieder auf den vorigen Fuß setze, und sich in kein Bündniß ge¬
gen den Kaiser einlasse.
Gegen Frankreich geschah in diesem Jahre nichts Bedeutendes;
für das folgende aber hatte sich Karl stärker gerüstet, und nach¬
dem er im Winter von 1543 auf 44 einen neuen Reichstag in
Speyer gehalten, und sich hier der Hülfe der deutschen Fürsten
versichert hatte, brach er im nächsten Frühjahr mit einem trefflich
gerüsteten Heere in des Feindes Land selbst ein. Zuerst wurde
St. Dizier erobert, dann ging der Zug gerade auf Paris;
Epernay und Chateau Tbiery waren schon gefallen, das Heer
stand nur zwei Tagemärsche von der Hauptstadt, und die Ein¬
wohner flüchteten, — da that der König Franz Friedensvorschläge.
Der Kaiser nahm sie an, denn er wollte schnelle Aussöhnung mit
diesem Feinde, weil die Angelegenheiten Deutschlands immer ver¬
wickelter geworden waren; und am 24. September 1544 kam der
Friede zu Crespy zu Stande. Es ist der letzte, den Karl
mit dem König Franz geschlossen hat. Man änderte in der Haupt¬
sache nichts; Bourgogne blieb bei Frankreich, Mailand aber dem
Kaiser.
89. Die Retigions - Angelegenheiten Deutschlands bis
zum schmalkaldischen Kriege. 1534 — 46.
In Sachsen war schon 1532 auf den Churfürsten Johann den
Standhaften sein Sohn Johann Friedrich gefolgt, ein sehr
rechtlich und treugesinnter, aber beschränkter Mann, ganz ver¬
schieden von dem raschen und kühnen Philipp von Hessen,
welcher noch immer als der unternehmendste unter den protestan¬
tischen Fürsten voranschritt. So wie Beider Gemüth im Wider¬
spruch stand, so waren außerdem noch wichtigere Ursachen der
Spaltung unter den Protestanten aufgekommen. Schon in dem
ersten Jahrzehud der Reformation hatte sich unter ihnen selbst ein