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die neue Zeit fort. Aber auch sie konnte nicht ohne
mächtige Revolutionen -leiben. Die alten Gängelbande
dep Hierarchie und desLehnfystems wurden ungeduldig
erst geschüttelt, und endlich theilweise abgeworfen. Aber
wie man freier sich fühlte, verlor man anfangs den
besonnenen Gebrauch der Freiheit, und hatte Mühe,
den rechten Punkt des Gleichgewichts zu finden.
Zwei große Erscheinungen treten an der Pforte
der neuen Zeit dem Aufmerksamen bedeutsam, wenn
auch nicht überraschend, entgegen: die Entdeckung
Amerikas und die Reformation; die eine
den politischen Gesichtskreis, die andere den geisti¬
gen erweiternd; beide unermeßlich noch heute in ihren
Folgen.
Christoph C o l u m b u s (Colombo), geboren 1447
in der Vorstadt St. Andreas zu Genua, gibt ein großes
Beispiel, was mit Nachdenken, früh erworbenen Kennt¬
nissen und Erfahrungen, was mir Unerschrockenheit
und Ausdauer zu erringen sei. Schon als Knabe mit
dem Meere vertraut, und von der damals allgemeinen
Sehnsucht, den Seeweg nach Ostindien zu entdecken,
belebt, gaben ihm seine Kenntnisse die Ueberzeugung,
die auch schon dem Alterthum tu der Sage von" der
Atlantis nicht fremd gewesen war, daß jenseits des
atlantischen Meeres ein großes Land, oder vielleicht
das äußerste Asien nicht fern sein könne, und man
also Ostindien auch nach Westen fahrend entdecken
könne. Mit seinen Hoffnungen in Genua und Por¬
tugal verspottet, gelang es ihm endlich, die Königin
Zsabella von Kastilien für seinen Plan zu gewinnen,
und 14Y2 (3. August) mit 3 kleinen Schiffen und
120 Mann auf die gefährliche Entdeckung auslaufen
zu dürfen. .Schon drohte nach langer Fahrt das
meuterische Schiffsvolk, sich getäuscht wähnend, ihn
umzubringen und umzukehren, als man endlich am
11. Oct. Land entdeckte. Dies war Guanahani, zum
Danke St. Salvador genannt. Dann um das Vater¬
land der schönen Gold-Bleche zu entdecken, welche
die Wilden gutwillig für Glas, Korallen u. s. w. her-
gaben, ging es südlich, wo man Kuba und Hayti fand.
Mit großen Ehrenbezeugungen empfing man Colombo