Allgemeine Geschichte. Zweites Buch.
Geschichte des Mittelalters.
Von dem Untergangs des Römischen Reiches bis zur
Entdeckung von Amerika.
(476 —1492.)
I. Abschnitt. Von d e in U n t e r g a n g e des
Römischen Reiches bis auf Karl den
Großen.
(476 - 768.)
^)as Alte« Abgelebte muß dem Jungen und Kräftigen
weichen; so wie ein neuer Bau an die Stelle des Ver¬
fallenen oder Verfallenden tritt. Die Völker, welche
über das alte Weltreich Rom zu Gericht gesessen hat-
ten, theilteN sich in sein Gebiet,, und gründeten neue
Staaten. Allein, wie sie noch wenig Eultur mitbrinqen,
kann zwar die Vorgefundene römische nicht ohne Ein-
fiuß auf sie bleiben; aber im Ganzen scheint doch (das
vströmische Reich abgerechnet) alles in Europa wieder
von vorn anfangen, gleichsam einen neuen Anlauf neh¬
men zu müssen, um dann desto kräftiger gedeihen und
sich ausbilden zu können. Darum gewahrt das Mittel¬
alter zwar den Anblick vieler Uncultur und Roheit,
aber auch den dankbaren Anblick, wie in einem ganz
neuen unausgesogenen Felde all-s weit schneller wächst
und gedeiht. Ist auch viel Unkraut darunter mit auf¬
geschossen, so mag selbst dies, wie in der physischen Welt,
so auch i» der geistigen einigen Nutzen haben. — Der
Schauplatz des weltgeschichtlichen Mittelalters ist Europa
und Westasien ; Afrika bleibt in dem Hintergrund, es ruhet
aus, vielleicht um erst spater wieder eine Hauptrolle zu
spielen. Aber Orient und Occident scheiden sich immer
schroffer von einander; wenn dort ein religiös»kriege-