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5. Ihm waren Weib und Kind wohl auch ans Herz gewachsen,
doch lief er hin geschwind zu Friedrichs Heer nach Sachsen.
6. Und eh' man sich's versah, begann die Schlacht zu tosen;
mit Seydlitz schlug er da bei Roßbach die Franzosen.
7. Das deucht' ihn nicht genug. Viel schlimmre Feinde dräuten; 5
er ließ nicht ab und schlug mit Zieten noch bei Leuthen.
8. Da ging es herrlich her; zu ganzen Bataillonen
ergab sich Ostreichs Heer mit Fahnen und Kanonen.
9. „Und somit wär' vollbracht,“ gedacht' er, „meine Sendung;
es nimmt nach solcher Schlacht von selber andre Wendung.“ 10
10. Mit Urlaub kehrt' er um, für Weib und Kind zu sorgen,
und hämmerte sich krumm vom Abend bis zum Morgen.
11. Der Krieg ging seinen Gang; man schlug noch viele Schlachten,
die oft ihm angst und bang in seiner Seele machten.
12. Als endlich Friede war: „Fritz,“ rief er, „laß dich küssen; 15
ich hätte dir fürwahr sonst wieder helfen müssen!“ Karl Simrock.
316. Anhänglichkeit der Grafschaft Mark.
1. Die Grafschaft Mark, fruchtbar und reich, bewohnt noch heute
ein Stammvolk biederer, derber, alter Germanen. So zogen die Markaner
auch die Aufmerksamkeit Friedrichs des Großen zur Zeit des Siebenjährigen 20
Krieges auf sich. Nach Schlachten, die viele Menschen gekostet, kamen
unaufgefordert, aus eignem Antriebe diese riesigen Enakskinder, die Hell—
weger in weißen, die Sauerländer in blauen Kitteln, den Pumpernickel—
und Schinkenbeutel auf dem Rücken, den Eichenstock in der Faust, Söhne
wohlhabender Bürger und Bauern, zu Hunderten ins entfernte Heerlager 25
zu ihrem königlichen Vater Fritz. Als sie so vor ihm zum erstenmal
erschienen, fragle er sie: „Woher kommt ihr?“ — „Aus der Grasschaft
Mark.“ — „Was wollt ihr?“ — „Unserm König helfen.“ — „Ich habe
euch nicht gerufen.“ — „Desto besser.“ — „Wer hat euch denn rekrutiert?“
— „Keiner.“ — „Es muß euch doch einer geschickt haben?“ — „Ja, 30
unsre Väter.“ — „Wo ist der Offizier, der euch geführt hat?“ — „Wir
haben keinen.“ — „Wer hat euch denn kommandiert?“ — „Wir selbst.“ —
Wie viele sind von euch unterwegs desertiert?“ — „Desertiert? Könnten
wir das, dann wären wir ja nicht freiwillig gekommen.“
2. Das Adlerauge des großen Königs glänzte vor Freude beim Anblick 35
dieser treuen Vaterlandssöhne. „Seid mir willkommen, wackre Männer!“
rief er aus. „Brave, redliche Markaner, auf euch kann ich bauen.“ Dies
königliche Wort erhielt sich als eine heilige Sage im Lande; es tönte
fort und fort von einem Geschlecht zum andern und lebt noch heute in
der Brust eines jeden hochsinnigen Markaners an den Ufern der rau— 40
schenden Lippe, Ruhr, Lenne und Volme. Friedr. Eylert.
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