Full text: Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte für höhere Bildungsanstalten und Gymnasien

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Achter Zeitraums 
1439 einer im Lager herrschenden Ruhr ergriffen, und hinweggerafft. 
Nie ward ein Monarch so einstimmig von Hohen und Niedern 
betrauert. 
,440 Friedrich III., Herzog von Oestreich, der Sohn des Her- 
^ zogs Ernst, ward auf den deutschen Kaiserthron berufen, welchen 
er über ein halbes Jahrhundert inne hatte, ohne die Anforderun¬ 
gen seiner Zeit jemals zu begreifen. Nur mit Gaben aus¬ 
gerüstet, die für den Wirkungskreis eines Privatmannes ausrei¬ 
chen, besaß ec höchstens eine starre Hartnäckigkeit, mit welcher er 
die vielen Widerwärtigkeiten seines Lebens ertrug. Nach dem Bei¬ 
spiele zweier seiner Ahnherrn wollte er wieder an sich bringen, 
was seinem Hause durch die Schweizer entzogen worden. Fcan- 
1444 zöfische Söldner, berüchtigt unter dem Namen Armagnaken, 
von ihrem Stifter, dem Grafen Bernhard von A r m a g n a k, strömten 
auf das deutsche Gebiet, und zogen nachHelvetien. Allein auch dieß Mal 
bewährte sich der Schweizer alter Muth, sie schlugen die fremden 
Söldlinge bei Pratteln, unweit Basel, und benahmen ihnen die Lust 
1446 weiter vorzudringen. Ein verheerender Grenzkrieg häufte des 
Jammers genug auf die unglücklichen Landbewohner, der Kaiser 
aber erreichte nicht, was er beabsichtigt hatte. Streitigkeiten mit 
Böhmen, mit Ungarn, mit der Kirche, dem Adel und den Städ¬ 
ten füllen diese segensarme Regierung. Das Faustrecht waltete, 
wie in den rohesten Jahrhunderten, das beklagenswcrtheste Ereig- 
,453 Nlß aber war die Erstürmung Constantinopels durch die Türken, 
welche seitdem in Europa festen Fuß faßten. Die persönliche Ach¬ 
tung des Kaisers strnk so, daß sich die Ritter erkühnten, ihm Feh- 
debriefe zu senden, und die Bürger Wiens belagerten ihn in seiner 
1452 Burg. Durch unzeitigen Stolz vereitelte er beinahe die äußerst 
vortheilhafte Verbindung seines Sohnes Maximilian mit Maria, 
1473 der reichen Erbin von Burgund, und wenn selbige später doch noch 
zu Stande kam, so war es nicht das Verdienst Friedrichs III. 
Und doch sproßte in seinen Tagen eine große Zeit mächtig empor! 
Die Buch druckerkunft, von Johann Guttenberg erfun¬ 
den, und von Schoiffer und Faust weiter ausgebildet, 1436; 
die Errichtung vieler Universitäten, die Entdeckungsreisen zur See, 
die Auffindung eines neuen Wclttheils durch Christoph Eolumbus 
1492, die neue, wissenschaftliche Begeisterung, welche durch die 
nrch Italien geflüchteten Griechen angeregt wurde, waren Bege¬ 
benheiten, die zu Herz und Seele drangen, und auch den Gleich¬ 
gültigsten ermunterten, nur Deutschlands Kaiser tffeilte diese allge¬ 
meine Begeisterung nicht; wohl aber beschäftigten ihn grammatische 
Spitzfindigkeiten *), astrologische Deutungen, und seinem Hause 
*) Cr pflegte ihm gehörige Sache», oder auch Gebäude mit einer, aus folgenden 5 
Buchstaben zusammengesetzten Chiffre zu versehen: AEIOU, deren Deutung 
war: ,, Austritte Est Iiuperare Qi'bi Uni verso - ,,A".s Erdreich I.st 
Lesteeich Untetthan. "
	        
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