Full text: Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte für höhere Bildungsanstalten und Gymnasien

3t>4 Neunter Zeitraum. ' 
Fürsten / dem das öffentliche Wohl ernstlich am Herzen lag. 
Sein Sohn 
u;58 Leopold I ward sein Nachfolger. Bei nur mittelmäßi- 
— gen Gaben war er den schlauen Umtrieben des französischen Cabi- 
nets nicht gewachsen, und besaß nicht genug kriegerischen Muth, 
7 um den Türken mit Nachdruck entgegen zu kämpfen; seine lange 
Regierung umfaßt viele, nur selten mit Glück geführte Kriege. 
Bei seiner Erwählung zu Frankfurt brachte der Cardinal Maza rin 
einen Rheinbund zu Stande, zu welchem Frankreich, 
Schweden, Mainz, Köln, Pfalz-Neuburg, Hessen- 
Kassel und die drei Hcrzöge von Braunschweig-Lüneburg gehör¬ 
ten, angeblich zur Aufrechthaltung des westfälischen Friedens, 
den z. Durch den Friedensschluß zu Oliva beendete Leopold einen von sei- 
Mai nem Vater hinterlaffenen Krieg mit Schweden, worin dieses zu 
1660 dem unbestrittenen Besitze von Lief- und Esthland, so wie 
der Insel Oe sel gelangte, der Kaiser aber keinen Gewinn davon 
trug. Weder ehrenvoll noch vortheilhaft war ferner das Ergebniß 
eines Kriegs mit den Türken, in welchen sich Leopold verwickelte, 
1662 da er Johann Kemeny unterstützte, als man denselben zum 
Fürsten von Siebenbürgen wählte, während die Pforte Michael 
Abaffi mit dieser Würde bekleiden wollte. Der unternehmende 
Großvezier Achmet Kiupruli drang in Ungarn ein, eroberte 
1663 die Festung Neuhäusel, streifte bis Mähren, worauf sich der 
Kaiser von Wien nach Regensburg begab. Indessen erfocht sein 
tapferer Feldherr Montecuculi, unterstützt von 6,000 Mann 
Franzosen unter Coligny und Feuillade, einen glänzenden Sieg 
den i, über die Türken bei St. Gotthard an der Raab. Ohne den- 
Aug. selben zu verfolgen schloß Leopold einen 20jährigen Waffenstille- 
*664 stand, trat Großwaradein und Neuhäusel an die Pforte ab und 
Abaffi gelangte zum Fürstenthum Siebenbürgen. Mißtrauen ge¬ 
gen die französischen Hülfstruppen und die ungarischen Magnaten 
dm s. führte diesen Vertrag herbei. Der Reichstag, sonst nur bei 
Aug. außerordentlichen Gelegenheiten berufen, wurde seit 1663 zu Re¬ 
gensburg permanent und blieb es bis zur Auflösung des 
deutschen Reichs 1806. 
Frankreichs feststehender Plan, sich der Niederlande zu bemäch» 
1667 Ligen, hatte bereits einen Angriff auf selbige veranlaßt. Durch 
die Tripleallianz zwischen England, Schweden und den 
Niederlanden vermochte Ludwig XlV. zu einem Frieden zu 
den 2. Aachen, worin er zwar die bereits eroberte Fcanche-Comts an 
Mai Spanien zurück gab, allein zw ö lf Festungen, worunter Lille, 
Charleroi und Douay die wichtigsten, blieben in seiner 
1672 Hand. Vier Jahre darauf richtete der eroberungssüchtige Ludwig 
seine Waffen gegen die Holländer und vertrieb zugleich den 
Herzog Ka rl 1^. von Lothringen aus seinemLande. Fried¬ 
rich Wilhelm, der Churfürst von Brandenburg, rüstete ein Heer
	        
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