Nordische Reiche. Rußland.
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seiner Negierung, (s. tz. 77.), aus welchem er ruhmvoll und sieg¬
reich hervocging. Während desselben gründete er eine neue Resi¬
denz Sl. Petersburg. Eigenthümlich, wie er selbst, waren die 1703
Personen, denen er sein besonderes Vertrauen schenkte. Menzi-
ko ff, vom Pastetenbäckeclehrling zum Fürsten empor gestiegen,
ward sein Günstling, und Catharina, gleichfalls aus niederm
Stande, seine Gemahlin. Auf einer zweiten Reise nach dem 1717
Auslande besuchte Peter auch Paris, wurde aber durch die Nach¬
richt, sein ältester Sohn Alexei, der ihm wegen seiner Ungeleh¬
rigkeit viel Verdruß verursachte, sey aus dem Reiche entflohen, zur
eiligen Heimkehr veranlaßt. Durch Ueberredung brachte man ms
selbigen zurück, der erzürnte Vater sprach das Todcsurtheil über
ihn aus, vor dessen Vollziehung er aus Furcht im Gefängnisse
starb. Seit dem Frieden zu Nystadt nahm Peter den Titel
Kaiser von Rußland an. Er verschaffte seinem Reiche einen eh- 1721
renvollen Platz unter den europäischen Staaten, rückte sein Volk
in Cultur und Aufklärung um ein Jahrhundert vorwärts und
verdiente den Beinamen des Großen mit vollem Rechte. Sei¬
ne Gemahlin
Catharina I. bestieg nach ihm den Thron. Unter der 1725
Leitung Menzikoffs führte sie die bestehende Regierung unverän- “ 27
dert fort, war mild und wohlwollend, schloß mit Oestreich und
Spanien ein Schutz - und Trutzbündniß, und bestimmte durch
ein Testament zu ihrem Nachfolger den Sohn des unglücklichen
Alexei
Peter II. Ein kraftloser Schwächling, ergab er sich dem 1727
unbedingten Einflüsse der Familie Dolgoruki, welche den mächti- —3<>
gen Menzikoff stürzte und seine Verweisung nach Sibirien bewirkte,
wo er, ein Beispiel des Unbesiandes menschlicher Herrlichkeit, starb.
Der junge Kaiser verlegte seine Residenz von Petersburg nach 172g
Moskau; ein Handelsvertrag mit China wurde geschlossen, der
schon früher angefangene Ladoga-Canal beendigt; ein allgemeiner
Friede beglückte das Reich. Schon gedachten die Dolgoruki den
Monarchen durch eine Vermählung mit Catharina Dolgoruki an
sich zu fesseln, da rafften ihn die Pocken hinweg und
Anna, die Tochter Iwans, des altern Bruders Peters I.,
verwitwete Herzogin von Kurland, ward auf den erledigten Kai¬
serthron berufen, welcher demnach an die ältere Linie des 1730
Hauses Romanow zurück kam. Anna hing von den Win-"^'
ken eines Günstlings, des Grafen Bi ron ab, den sie, bei dem ”lü
Erlöschen des Hauses Ketler zum Herzog von Kurland erhob
1737. Sie adoptirte ihre Nichte, Anna, Tochter des Herzogs
Karl Leopold von Meckelnburg und vermählte sie als muthmaß-
liche Thronerbin, mit dem Prinzen Anton Ulrich von Braunschweig-
Lüneburg. Nach dem Absterben des Königs August II. von Po¬
len unterstützte die Kaiserin dessen Sohn August 111. gegen Sta-