Full text: Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte für höhere Bildungsanstalten und Gymnasien

Neunter Zeitraum. 
1648 
— 72 
=324 
1563 
1572 
1573 
1575 
— 86 
= 11 
1576 
1582 
J 586 
1587 
1632 
1618 
1029 
40-2 
§. 79. 
Polen. 
Sigismund II. August I. hatte den kriegerischen Geist 
seines Vaters Sigismunds I. nicht, eine weibische Erziehung neigte 
ibn der Gemächlichkeit, Weichlichkeit und Frauenliebe zu, darum 
vermochte er den Trotz der Magnaten nicht zu zügeln. Die Leh¬ 
ren der Reformation drangen auch in Polen ein; der größere 
Theil des Adels bekannte sich zu denselben, Sigismund selbst be¬ 
wies sich äußerst duldsam, gab allgemeine Glaubensfreiheit, wo¬ 
durch er der catholischen Geistlichkeit mißfiel. Der Herzog von 
Preußen empfing von dem Könige die Belehnung und zugleich 
mit ihm für Preußen der Churfürst von Brandenburg durch seinen 
Botschafter; daher setzte man dem Adler des preußischen Wap» 
pens ein A., d. t„ Augustus, auf die Brust. Im Vertrauen 
auf die Weissagung eines Astrologen, welcher Sigismund II. ein 
Alter von 72 Jahren verhieß, folgte derselbe unbedenklich seinem 
Hange zur Zügellosigkeit, aber jene Prophezeihung rechtfertigte 
sich nur, in so weit der König 1572 starb, denn sein eigentliches 
Lebensalter hatte er nur auf 54 Jahre gebracht. Mit ihm erlosch 
das Hcurs der Jagellonen; Polen ward fortan ein Wahl¬ 
reich und eine aristokratische Republik; der Keim seines 
zunehmenden Verfalls und endlichen Unterganges. Nach zehn¬ 
monatlichen Streitigkeiten siel die Wahl auf 
Heinrich, Herzog von Anjou, den Bruder Karls IX., 
Königs von Frankreich, welcher aber nach fünf Monaten Polen 
wie ein Flüchtling verließ, um nach dem Tode seines Bruders 
von dem französischen Throne Besitz zu nehmen. 
Stephan Batory, Fürst von Siebenbürgen, ward durch 
Stimmenmehrheit zum Könige gewählt und zeigte sich seiner Er¬ 
hebung würdig. Den in seinem Reiche wohnenden Kosaken er- 
theilte er manche Freiheiten gegen die Verpflichtung, stets 6000 
kampfgerüstete Streiter aus ihrer Mitte zu unterhalten zum Dien¬ 
ste fürs Vaterland. Siegreich drang er bis Ostrog und bewilligte 
dem Czar Iwan IV. auf Vermittlung des Papstes Gregor XIII. 
einen zehnjährigen Waffenstillestand. Auch den widerspenstigen 
Adel strebte er zu zügeln; da rief ihn der Tod ab und 
Sigismund III., der Kronprinz von Schweden, trat an 
seine Stelle. Ec verstand es nicht die Liebe der Polen zu gewin¬ 
nen und verlor den schwedischen Thron (s. §. 77.) wegen seines 
unduldsamen Eifers für die catholrsche Religion. Fruchtlos blieben 
seine Bemühungen, ihn wieder zu erlangen. Der falsche De¬ 
metrius fand bei ihm Unterstützung, und Smolensk, Scwe- 
rien, Czernigow, nebst den dazu gehörigen Gebieten kamen an 
Polen. Minder glücklich focht er gegen Gustav Adolf, daher 
genehmigte er den sechsjährigen Waffenstillestand, welchen ihm
	        
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