Phönicier.
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die Erfindung der Buchstabenschrift (der glückliche , geistreiche Ge¬
danke, die Laute der menschlichen Rede, nicht die Sachen, bildlich
darzustellen) eher als den Aegyptern gehören- Ta aut oder
Thot, wahrscheinlich ein Gesammtname für Weisheit, Ver¬
stand, wird als Erfinder dieser herrlichen Kunst genannt.
Die Vielgötterei und M enschen o p fer, indem man
den Götzen zu Ehren Kinder verbrannte (!!), gingen unter den Phö-
niciern in vollem Schwange und fanden bei den benachbarten Is¬
raeliten so viel Nachahmung.
Das mittelländische Meer war der natürliche und erste Schau¬
platz für die Fahrten der Phönicier. Das nahe Cypern kam unter
ihre Botmäßigkeit, die Küsten von Kleinasien, die griechischen Inseln
und Creta verblieben ihnen nur so lange als der Griechen Unwis¬
senheit dauerte; dagegen schickten sie Eolonien nach Sicilien, Sar¬
dinien, Malta und den übrigen kleinern Inseln in Westen, welche
ihnen als Ruhepunkte auf ihren weitern Reisen dienten. Vor al¬
len eröffnete Spanien reiche Fundgruben von edlen Metallen. Nach
Strabo (ein griechischer Geograph, der im 1. Iahrh. n. Chr. lebte)
brachte ein ungeheurer Waldbrand aus den pyrenaischen Gebirgen
unterirdische Lagen von Gold und Silber zum Schmelzen, so
daß sie in Bachen nach den Niederungen hinab rannen, gleich
gediegen zu Tage lagen oder unter einer dünnen Erdrinde gefun¬
den wurden. Die Fabel sagt, die Phönicier hätten Gold und Sil¬
ber als Ballast mit sich genommen. Jenes Gebirge aber habe von
diesem Ereignisse seinen Namen erhalten (tzvq das Feuer und
ala oder yaia die Erde). Gadir, Gades, jetzt Cadix, wurde
eine Hauptniederlassung der Phönicier in Spanten, von wo aus sie
die Säulen des Hercules hinter sich lassend, ihre Fahrten bis gen
England, die K a ssit erid e n , Zinninseln, erweiterten und den
Bernstein, Elektron, der höher geachtet ward als Gold, vielleicht
aus den Gewässern der Ostsee herbeiholten. Die kanarischen In¬
seln (ínsulas fortunatae) sollen von ihnen bevölkert, ja sogar
Afrika von selbigen umschifft worden seyn. Carthago, an der afri¬
kanischen Nordküste, verpflanzte seit 888 v. Ehr., phönicische Be¬
triebsamkeit nach den abendländischen Gegenden; Aegypten aber,
durch das Mißtrauen der Einwohner den Ausländern unzugäng¬
lich, verstattete durchaus keine Ansiedelungen, sondern unterhielt
mit den Phöniciern nur einen Karavanenhandel. Nicht blos die
Erzeugnisse ihrer Fabriken und Manufakturen verführten diese nach
fremden Ländern, sondern auch eine Menge Gegenstände, die sie
selbst anderwärts bezogen. So handelten phönicische Kaufleute
mit Weihrauch, Gold und Edelsteinen aus dem glücklichen Ara¬
bien; mit Zimmt, Elfenbein und Ebenholz, das ihnen die Ger-
rhäer aus Indien und Aethiopien brachten; mit baumwollenen und
gestickten Zeugen aus Aegypten; die treffliche Wolle von den No¬
maden aus den Wüsten Syriens und Arabiens verarbeiteten sie