6. Kap. Gesch. der Künste v. 800 b. izoo. 279
Süd--Frankreich, Nord-Italien und im östlichen Spanien ent¬
stand aus dem Gothischen und Lateinischen die romanische
oder Provenzal - Sprache, nach den Ländern in mehrere
Dialekte getheilt. Sie wurde frühzeitiger ausgebildet als die
übrigen Landessprachen. Man dichtete in derselben im zwölf¬
ten Iahrh.; der Graf Wilhelm IX. von Provence ist der erste
Provenzaldichter. Diese Grafen munterten die Dichter, die
man Troubadours nannte, auf alle Art auf, stellten auch feyer-
liche Wettkämpfe unter ihnen an, welche Gerichtshöfe der Liebe
hießen. Diese lieblichen Dichter sind die Muster aller andern
in den damahligen Zeiten geworden. In Italien verdrängte
die italiänische Sprache die Proveuzaldichtkunst; in Provence
geschah es, als die Inquisition gegen die Waldenser dieses Land
verwüstete, doch dauert der ProvenMdialekt noch in der Langue
d'oc fort; in Spanien blieb sie noch lange nach diesem Zeit¬
räume. — In den voü Franken bewohnten Ländern diesseits
der Loire bildete sich die französische Sprache oder Langue
d'oeil. Es wurde schon zu Karls des Großen Zeiten in dieser
Sprache gedichtet. Die ersten Verbesserungen brachten in die¬
selbe die normannischen Dichter, und die Nachahmung der Pro-
venzalen, nacb denen sie sich Trouveres nannten. Die Franzosen
liebten die erzählende Poesie, und der Roman ist ihre Erfin¬
dung. Im dreyzrhnten Iahrh. erhielten sie dramatische Arbei¬
ten. Die französische Sprache blieb, von Wilhelms Zeiten an,
durch diesen ganzen Zeitraum auch die englische Hossprache, ufid
folglich die Sprache der dortigen Dichter. — Die italiä¬
nische Sprache oder Lingua volgare entstand in diesem Zeit¬
räume, aber man schrieb erst spät, am Ende desselben, darin,
und die sicilianischen Gedichte sind eine vcrschwisierte Gattung
der Provenzalgedichte. — Die nordischen Liedersänger, die
Skalden, hatten daselbst die Dichtkunst immer aufrecht erhal¬
ten. Ihr ältestes aufgefundenes Gedicht seht man ins achte
Iahrh, Besonders brachte Island geschätzte Dichter hervor.
Sie waren bisher größtentheils historischen Inhalts gonstsen,
wie ihre Benennung: Sagen, anzeigt; aber das Christenthum
und der Geist der Ritterschaft im zwölften Iahrh. brachten eine
völlige Abänderung hervor. Man ahmte nun die südlichen
Ritterromane nach, nahm den Reim an, und die historischen
Sagen hörten ganz auf. — Die arabische schöne Litera¬
tur hatte in der ersten Hälfte dieses Zeitraums ihre vorzüglichste
Periode. Auf gleiche Art belebte Sultan Azadud Daula um
-977 die persische Dichtkunst wieder. Die Werke der dgmahli-