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Ausbildung gearbeitet, nicht weniger durch Abtötung seiner selbst
an seiner sittlichen Vervollkommung. Früh schon hatte er mit der
größten Tugend des Lebenswandels die größte Gelehrsamkeit in geist¬
lichen und weltlichen Dingen vereinigt. So war es geschehen, daß
er in immer weiteren Kreisen weit über die Grenzen seines Vater-
landes hinaus Hochachtimg, Verehrung, rückhaltloses Vertrauen fand.
Die Großen der Welt wendeten sich in ihren Zwistigkeiten an ihn;
die Bürger der Städte wählten ihn zum Schiedsrichter in den
Händeln des tagtäglichen Lebens; für sie alle fand seine Weisheit
Rat; für sie alle fand seine Gerechtigkeit befriedigenden Schiedsspruch.
Die Armen, die Unglücklichen nahmen ihre Zuflucht zu ihm; sein
Wort gewährte ihnen Trost; seine Hand bot ihnen Hilfe; sein Gebet
brachte ihnen Rettung und Heilung. Überall hin drangen seine
Briefe; das ganze Abendland lauschte auf die Worte des schlichten
demütigen Mannes. Niemals aber erschien er bedeutender, als wenn
er zum Volke sprach. Wenn aus seinen Augen die Glut der Be-
geisterung strahlte, dann hob sich der zarte und hinfällige Körper und
schien zu wachsen zu ungewohnter Größe, dann trafen gewaltig feine
Worte der Hörer Ohr. Der Wohllaut der Sprache und die Würde
der Geberde, die Hoheit der Gedanken und die Macht der Wahr-
heit, die Wärme der Empfindung und der Freimut der Überzeugung:
all dies floß zusammen , um seiner Rede eine Gewalt zu verleihen,
vor der jedes Widerstreben sich beugte. Dem Wohle der Menschheit
hatte Bernhard seine Kräfte geweiht, im Dienste der Menschheit war
sein Körper vor der Zeit gealtert. Seit Jahren schon hatte er die
stille Beschaulichkeit des Klosters kaum verlassen; da war noch ein-
mal von oben her der Ruf an ihn ergangen, der ihn wieder in die
Welt führte zu neuer Arbeit, welche der Höhepunkt seiner Wirksam-
fett werden sollte.
Vor mehr denn Jahresfrist war die Kunde nach dem Abend-
lande gedrungen, daß Edeffa, eine der christlichen Herrschaften im
Morgenlande, wie sie der erste Kreuzzug geschaffen hatte, in die
Hände der Ungläubigen gefallen war. Damit fchien das Ende der
Kreuzfahrerstaaten hereingebrochen zu sein. Lagen dieselben doch
von allen heimischen Hilfsquellen entfernt, zerstreut unter einer kaum
gebändigten Bevölkerung, umgeben von mächtigen unversöhnten Geg-
nern. Es kam dazu, daß jene christlichen Herrschaften durch be-
dauerliche Zwistigkeiten zwischen Landesherren, Adel und Geistlichkeit
schwer geschädigt wurden. Die Streitmacht, über welche sie ge¬
boten, belief sich auf 7000 Ritter und 5000 Fußknechte. Jeder
Widerstand gegen den übermächtigen Feind galt als aussichtslos.
Der Untergang konnte nur abgewandt werden durch die Hilfe des
Freundgen, Beiträge zum Unterricht in der Geschichte. 13