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Anhang.
Kurzer Abriß der griechischen und römischen
Literaturgeschichte.
Einleitung.
§. 222.
Uebersicht der griechischen Literatur.
1) Der Zug der Bildung des Menschengeschlechts ist von
Osten nach Westen fortgeschritten, und in Europa ist es das
Volk der Hellenen, das an der Spitze der hohem Geistes¬
bildung dieses Erdtheils steht. Denn die Griechen haben die
vom Orient erhaltenen Keime der Kultur nicht nur in eigenthüm-
lich freier und allseitig menschlicher Weise ausgebildet, sondern
sie sind auch durch den fortwährenden Einfluß und die Ueberreste
ihrer Literatur in vielfacher Beziehung bis heute die Lehrer der
gesammten europäischen Menschheit geworden.
2) Die Literatur eines Volkes ist übrigens von dessen poli¬
tischen Zuständen vielfach abhängig und insbesondere steht die
Literatur der Griechen mit ihrer politischen Entwickelung und
ihren äußern Schicksalen in harmonischem Zusammenhänge.
3) Entsprechend den Hauptwendepunkten der griechischen Ge¬
schichte durch die Perserkriege, den peloponnesischen Krieg
und den Zug Alexanders nach Asten umfaßt auch die grie¬
chische Literatur nach ihrer historischen Ausbildung drei Haupt¬
perioden:
a) die erste Periode bis auf die Perserkriege, ist die Blüthezeit
der epischen und lyrischen Poesie, jene durch Homer,
den Vater der griechischen Literatur, diese vorzüglich durch
Pindar repräsentirt. Der Schauplatz der Literatur ist an¬
fänglich Kleinasien und die Inseln des Archipelagos, wo
überhaupt die höhere Geistesbildung der Griechen begann,
dann das mittlere Griechenland.