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das weibliche Geschlecht, das er ungemein hoch stellte, erheben und für das
Edle begeistern mußte. Er starb als ein Greis von drei und achtzig Iah.
ren (I. 347 v. Ehr.), wie man sagt bei einem Freudenmahle, geliebt von
den Seinen und geehrt von ganz Griechenland.
H. 7. Die Dichter und die Mythologie der Griechen.
Wir bemerkten, daß auch die Dichtkunst unmittelbar auf das geistige
Element des griechischen Volkes einwirkte, dessen ganzes Leben ste berührte.
Von großem Reize ist bei den griechischen Dichtern die natürliche Auffassung
der Dinge, die Vielseitigkeit in der Darstellung der verschiedensten Lebens¬
verhaltnisse, die Wahrheit und Gesundheit des Gefühles. Den Neigen aller
Dichter führt der alte Homer, von dem wir schon oben gesprochen haben.
Seine Gedichte, die in dem Munde des Volkes lebten, sammelte Lykurg in
Sparta, Pisistratos in Athen. Seine hohe Einfalt ist noch von keinem
Dichter erreicht worden.
Ernster und getrübter ist Hesiod's Dichtcrhimmel; in seiner und
Homer's Dichtung ist die ganze Mythologie der Griechen, wie ste ursprüng¬
lich die Religion dieses Volkes gestaltete, enthalten, ein Glaube voll liebens¬
würdiger Einfalt, die sich die Alles schassende und erhaltende Gottheit, weil
der kindliche Geist der damaligen Menschen sie in einem Bilde nicht fassen
konnte, in unzählige Götter auflöste, so daß jede Tugend, jede Kraft, jeder
Hain, jeder Fluß und jeder Stand seine Gottheit hatte. Diesen göttlichen
Wesen gaben sie menschliche Gestalten, aber auch menschliche Tugenden und
Leidenschaften, doch blieb bei der Vergrößerung dieser Götterbilder alles Ge¬
schmacklose weg, das sie bei den Hindus und den Aegyptern hatten,
denn das höchste Gesetz, dem die Griechen huldigten, war Schönheit; der
Eindruck sollte Vertrauen und Liebe wecken, Furcht und Schrecken nur für
die Bösen haben, denn die Götter galten als die Rächer jeglicher Uebclthat.
Selbst der Wohnort der Götter war auf der Erde. Zwölf Hauptgötter
wohnten auf dem Olympus; auf dem Pindus, Parnaß und Helikon lebten
die Musen; Poseidon oder Neptun mit Amphitrite und unzähligen Nymphen,
Nereiden und Tritonen im Meere. Auf der Insel Sicilicn unter dem
Aetna arbeitete Vulkan mit seinen Cyklopen. Allein dieses gehört mehr
für eine Mythologie, als für eine Geschichte, und wir erinnern nur an das
schöne und allbekannte Gedicht von Schiller: Die Götter Griechenlands,
und an das weniger bekannte von Rück er t, welches den gcheirncn Sinn
der griechischen Mythologie ebenso gefühlvoll als anschaulich darstellt.
Nächst den obengenannten Epikern stehen die dramatischen Dichter, die
zu den Athenern gehören; in Athen war unter allen hellenischen Städten
zuerst höhere Bildung und also auch Geschmack an Schauspielen aufgekom¬
men. Die Reihe der Dramatiker eröffnet Aeschylus, ein Mann von
hohem Geiste und tapferem Muthe, der die Schlacht bei Salamis nicht nur