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Glaube an Recht und Billigkeit der Fürsten und Völker, wie an das ge¬
wisse Gelingen des Guten wirklich und lebendig. Diese Kinderzeit des
Menschengeschlechtes hat mit dem Verfalle der römischen Freiheit ein Ende.
§. 2. Charakter der mittleren Geschichte.
Das vorhandene Geschlecht war nicht mehr zu retten, gleich einem ent¬
nervten Knaben starb es hin; an seine Stelle trat ein kräftiger Riesen¬
jüngling aus Norden, seinem Wesen nach roh und wild; erst nach einem
langen und wüsten Herumtreiben wurde er durch die Religion zu einem Men¬
schen umgebildet, in welchem sich zunächst das Gefühl lebendiger und tie¬
fer als je erschloß, zuletzt aber auch, nach Jahrhunderten voll Kampf und
Gefahr, der denkende Geist offenbarte. Herrschte bei den Völkern der
alten Zeit Sinnlichkeit, Phantasie und praktischer Verstand vor, so gewann
in der mittleren neben der Sinnlichkeit das Gefühl und gegen das Ende
der grübelnde Verstand die Oberhand.
H. 3. Zeiträume oder Perioden der mittleren Geschichte.
Der leichteren Uebersicht wegen theilt man die mittlere Geschichte in
fünf Perioden, nämlich:
1. Per. Von Augustus bis auf Odoaker und Romulus Augu¬
st ulus, oder von dem ersten römischen Kaiser bis zum letzten
und bis zum Untergange des weströmischen Reiches. Vom I. 30
v. Chr. bis 4 7 G n. Chr.
2. Per. Von Odoaker bis auf Karl den Großen, oder von dem
Untergange des weströmischen Reiches bis zur Wiederherstellung
desselben durch den ersten römisch-deutschen Kaiser. Vom I.
476—800.
3. Per. Von Karl dem Großen bis auf die Kreuzzüge, — Zeit
der Ausbildung des Feudalismus und der Hierarchie. Vom I.
800—1096.
4. Per. Von den Kreuzzügen bis zu Rudolf von Habsburg, oder
bis zum Ende des Interregnums,— Zeit des entwickelten Kam¬
pfes zwischen der Hierarchie und dem Feudalismus. Blüthenalter
der Romantik und des Ritterwesens. Vom I. 1096—1272.
5. Per. Von Rudolf von Habs bürg bis auf Maximilian I. und
Luther, — Zeit der Scholastik, des neuen Bürgerthumß, der
Erfindungen und Entdeckungen bis zur Reformation. Vom I.
1272—15,7.