Erste Periode.
Von Augustus bis auf Odoaker und Romulus Augustulus, oder
von dem ersten römischen Kaiser bis zum letzten; — Untergang des
weströmischen Reiches.
Vom Z. 30 v. Chr. — 476 n. Chr.
H. 1. Augustus Octavianus und sein Haus.
Als Brutus nach der unglücklichen Schlacht bei Philippi mit seinen
Freunden in einer Bergschlucht auf der Flucht ausruhte und den Blick zu
dem mit Sternen besäeten Himmel richtete, rief er aus:
„Zeus, nicht entflieh' dir dieses Unheils Schuldner!"
Den Antonius erreichte die Strafe des Himmels zuerst; doch auch
Augustus sollte ihr nicht entgehen. Im Besihe der höchsten Gewalt und
Herr beinahe der ganzen damals bekannten Welt, war sein häusliches Le¬
ben friede- und freudelos an der Seite eines Weibes, das, eben so schön
und geistreich als herz- und lieblos, nur ihrem Stolze und der Begierde
lebte, sich und einen gcmüthsverwandten Sohn zu erheben und groß zu
machen. Dieses Weib war Livia Drusilla, die Gemahlin des Senators
Tiberius Claudius Nero, mit welcher Augustus sich vermählte, nach¬
dem er die edle Scribonia verstoßen hatte. Livia Drusilla war seine
dritte Gemahlin. Sie brachte zwei Söhne in sein Haus, den liebenswür¬
digen Drusus, von welchem noch die Rede sein wird, und den Tiberius,
der schon in seiner Jugend ein hassenswerthes Gemüth und die schlechtesten
Sitten unter feinem und geschmeidigem Betragen zu verbergen wußte. Eben
dieser Tiberius war der Mutter Liebling und die Ursache alles Unheils,
das über das Haus des Kaisers Augustus hereinbrach. Der Plan der
Livia ging dahin, ihm — da Drusus gestorben war — die Nachfolge aus
dem Throne zu verschaffen, und Augustus, der sich zwar den Schein gab,
als sollte die Republik durch ihn nicht aufgehoben sein, war doch selbst
nicht Willens, die Römer wieder frei zu geben; er dachte vielmehr ernstlich
daran, ihnen nach seinem Tode einen Kaiser zu hinterlassen. Dem Plane
der Livia stand nun freilich Julia, die Tochter des Augustus und der
Scribonia, im Wege; eben deswegen wurde sie schon als Kind von der
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